Echt oder fake?Der Poltergeist und das 11-jährige Mädchen
Im Jahr 1977 soll ein Poltergeist eine britische Familie heimgesucht haben. Der Fall spaltet das Land noch heute. Der Horrorfilm «The Conjuring 2» basiert darauf.
- von
- C. Steiner
Die Hodgsons waren eine ganz normale Familie. Bis zum August 1977. Mutter Peggy und die vier Kinder begannen plötzlich, unheimliche Phänomene in ihrem Haus in der Green Road in Enfield, einem Stadtteil im Norden Londons, wahrzunehmen. Klopfgeräusche, deren Herkunft nicht zu eruieren war, eine Kommode, die sich von selbst bewegte, Kratzen in den Wänden.
Die Familie schaltete die Polizei ein. Eine rationale Erklärung für die Vorkommnisse fand diese nicht. Als eine Beamtin mit eigenen Augen sah, wie sich ein Stuhl im Wohnzimmer selbstständig durch den Raum bewegte, riet sie den Hodgsons, die Gesellschaft für paranormale Forschung einzuschalten. Für Geisterjäger Maurice Grosse war der Fall schnell klar: Hier ist ein Poltergeist am Werk. Zwei Reporter der «Daily Mail», die Zeit mit der Familie im Haus verbrachten, schienen seine These zu bestätigen. Sie wollen dabei gewesen sein, als Lego-Steine und Murmeln von allein durch die Küche flogen. Bis heute bleiben die beiden Journalisten bei ihrer Aussage – genauso wie alle anderen, die an dem Fall beteiligt waren.
Zeugen sahen das Mädchen durchs Zimmer schweben
Die Ereignisse, in deren Zentrum die 11-jährige Janet stand, spitzten sich im Laufe der Monate zu. Tassen füllten sich selbst mit Wasser, Brände brachen von allein aus. Einmal, so erzählte Janet 2012 in einem TV-Interview, habe sich ein Vorhang eng um ihren Hals gewickelt und sie fast erdrosselt. Am 14. Dezember 1977 – dem Tag, an dem Janet ihre erste Periode bekam – wollen zwei Nachbarn unabhängig voneinander gesehen haben, wie das Mädchen durch ihr Schlafzimmer schwebte, in einer horizontalen Position.
Bald begann der Geist, durch Janet zu sprechen. In der Stimme eines alten Mannes gab er an, Bill Wilkins zu heissen und in dem Haus an der Green Road, genauer gesagt im TV-Sessel, vor Jahren an einem Hirnschlag gestorben zu sein. Sein Sohn bestätigte später, dass sich alles genau so zugetragen habe. Woher Janet diese Informationen hätte haben können, ist unklar. Insgesamt 180 Stunden Tonbandaufnahmen des Falls existieren. Während Skeptiker glauben, Janet hätte ihre Stimme einfach verstellt, hält Grosse dagegen. Er behauptet, ihren Mund einmal mit Wasser gefüllt und verklebt zu haben. Trotzdem habe der Geist weiter gesprochen.
Schizophrenie oder Poltergeist?
Echte Beweise für die Ereignisse von 1977 gibt es allerdings nicht. Skeptiker glauben, dass Janet und ihre Geschwister sich einen Streich erlaubt hätten, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Kurz vor Beginn der Heimsuchung hatte der Vater die Familie verlassen. Vor allem Janet habe sehr unter dem Verlust gelitten. Nachdem sie zwei Monate in einer psychiatrischen Klinik behandelt wurde, beruhigte sich nach ihrer Rückkehr auch der Poltergeist und stellte seine Aktivitäten fast gänzlich ein.
Auch knapp 40 Jahre später bewegt der Fall die Gemüter. Unzählige Bücher und Dokumentarfilme über den Enfield Poltergeist existieren, die Diskussion über die Ereignisse von damals ist immer noch leidenschaftlich. Janet Hodgson führt heute ein weitestgehend normales Leben, tritt ab und zu im Fernsehen auf und bleibt bei ihrer Geschichte. Ob Schizophrenie, Kinderstreich oder doch ein echter Poltergeist – die Wahrheit wird wohl eines Tages mit Janet sterben.