Wegen Ukraine-KriegDer Schweiz droht jetzt der grosse Preisschock
Die Folgen der Corona-Krise sind hierzulande noch deutlich spürbar. Jetzt herrscht Krieg in der Ukraine. Das könnte das Wirtschaftswachstum bremsen und lässt die Preise auf breiter Front ansteigen.
- von
- Barbara Scherer
Darum gehts
In der Ukraine herrscht Krieg. Die Finanzmärkte weltweit spielen darum verrückt. Zudem steigen die Preise für Rohstoffe. Der Ölpreis ist explodiert und erstmals seit mehr als sieben Jahren auf über 100 Dollar geklettert. Auch die Kosten für Aluminium und Weizen sind in die Höhe geschossen.
«Die Unsicherheit ist riesig, das drückt die Preise in die Höhe», erklärt Matthias Geissbühler, Investment-Chef von Raiffeisen Schweiz. Insbesondere die Energiekosten dürften weiter steigen, was höhere Benzin- und Heizkosten zur Folge haben wird.
Gleichzeitig herrscht seit der Corona-Krise eine erhöhte Inflation in der Schweiz. Dies vor allem wegen der weltweiten Lieferengpässe. Nun dürfte diese nochmals zunehmen: «Wir rechnen damit, dass die Inflationsrate zeitweise mehr als zwei Prozent erreichen wird», so Geissbühler.
Leitzins-Erhöhung soll Inflation bekämpfen
Im Verhältnis zum Ausland sei die Inflation hierzulande aber gering. So könnte die Teuerung in Deutschland dieses Jahr auf bis zu 6,1 Prozent klettern, wie es in einer Mitteilung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zu Modellsimulationen heisst. Den USA droht sogar eine Inflationsrate von etwa 7,5 Prozent.
Darum wird die US-Notenbank den Leitzins ab März wohl erhöhen. So soll die steigende Teuerung bekämpft werden. «Weil der Ukraine-Krieg zu einem Abschwung der Wirtschaft in Europa führen könnte, wird die Europäische Zentralbank (EZB) nun wohl abwarten mit der ersten Leitzinserhöhung», so Geissbühler.
Es droht eine Stagflation
Werden die Leitzinsen von der Europäischen Zentralbank erhöht, werde auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) folgen. Aber: «Eine restriktivere Geldpolitik könnte die Wirtschaftsdynamik einbremsen, während gleichzeitig die Preise aufgrund des Krieges steigen», sagt Geissbühler. International warnen Experten darum vor einer sogenannten Stagflation (siehe Box).
Das ist eine Stagflation:
Droht das der Schweiz auch? «Das Risiko dafür ist durch den Ukraine-Krieg sicherlich gestiegen. Aber eine Stagflation stellt zurzeit keine direkte Gefahr für die Schweiz dar», so Geissbühler. Grund dafür sei vor allem der starke Franken: Dieser dämpfe steigende Preise im Ausland ab.
Aufwertung des Frankens nicht stoppen
Vorübergehend dürfte der Franken aufgrund des Ukraine-Kriegs zudem an Wert gewinnen. Denn er gilt als sicherer Hafen in Krisenzeiten. «Diese Aufwertung darf dann auch nicht gebremst werden», sagt Reiner Eichenberger, Wirtschaftswissenschaftler von der Universität Fribourg.
Steige der Preis für den Franken schütze das die Schweiz vor Inflation im Ausland und teureren Importen. «Mit einem starken Franken behält die Schweiz eine hohe Kaufkraft», so Eichenberger. Trotzdem werden auch hierzulande einige Produkte teurer werden.
Denn obwohl die Corona-Massnahmen weltweit grösstenteils aufgehoben werden, sind Lieferketten weiterhin stark eingeschränkt. Mit dem Ukraine-Krieg komme es nun zu einer Mehrfachbelastung, so Eichenberger. «Diese Preiserhöhung wird die Schweiz aber relativ gut überstehen.»
Es wird noch schwieriger, ein Haus zu kaufen
Eine kurzfristige Preissteigerung bestätigt auch BAK-Chefökonom Martin Eichler. Denn aufgrund des Ukraine-Kriegs schiessen die Energiekosten in die Höhe: «Das wiederum führt dazu, dass beispielsweise Gütertransport teurer wird, was sich irgendwann auf die Preise in den Läden niederschlägt», so Eichler.
Anders als Geissbühler von der Raiffeisen, geht Eichler zudem davon aus, dass die Europäische Zentralbank den Leitzins nun schneller erhöhen wird, um der steigenden Inflation entgegenzuwirken. «Dadurch werden Investitionen teurer», erklärt Eichler. So dürften auch Hypothekenzinsen steigen, wodurch es für viele Schweizerinnen und Schweizer noch schwieriger werden dürfte, sich ein Haus zu leisten.