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LuftfahrtDer «wunderbare Vogel»

Vor 40 Jahren begann eins der faszinierendsten Kapitel der Luftfahrtgeschichte. Am Nachmittag des 2. März 1969 hob in Toulouse das Überschallflugzeug Concorde zu seinem Erstflug ab.

Der elegante weisse Deltaflügler, ein Triumph französisch-britischer Ingenieurskunst, sollte eine neue Epoche des zivilen Luftverkehrs begründen. Doch der «wunderbare Vogel» flog stets gegen den Zeitgeist und wurde ein wirtschaftliches Fiasko. Seine Geschichte wird zudem vom Unfall des 25. Juli 2000 überschattet, bei dem nahe Paris 113 Menschen ums Leben kamen.

Mit der Ausmusterung der Concorde 2003 endete vorerst auch der zivile Überschallflug, der sich schon nach dem ersten Ölpreisschock zu Beginn der 70er Jahre als Sackgasse entpuppt hatte. Zwar wird derzeit weltweit an neuen Konzepten für Passagierflugzeuge gearbeitet, die schneller als der Schall unterwegs sind. Doch dürften im nächsten Jahrzehnt höchstens superschnelle Business-Jets mit Platz für knapp ein Dutzend Reisende gebaut werden. Ein Nachfolger der legendären Concorde für den Liniendienst ist nicht in Sicht.

Champagner und Gänseleber

Mit zweifacher Schallgeschwindigkeit (Mach2) in nur gut drei Stunden über den Atlantik, Ankunftszeit in New York nach Ortszeit früher als der Abflug, Champagner und Gänseleber in 18.000 Meter Höhe: Das einzige Überschallflugzeug der Zivilluftfahrt begeisterte nicht nur Technikfreaks, sondern auch betuchte Manager und Prominenz. Claudia Schiffer, Paul McCartney, Sting oder Elton John sollen gern in dem langstreckten Jet mit der Klappnase Platz genommen haben.

Schon beim ersten Linienflug 1976 zeichnete sich sein exklusives Nischendasein ab. Zahlreiche Fluggesellschaften hatten da bereits wegen der ersten Ölkrise ihre Bestellungen für den Jet storniert, der bis zu 23.000 Liter Kerosin in der Stunde verbrannte - und das bei einer Kapazität von nur etwa 100 Passagieren. Zum Vergleich: Ein moderner Airbus A320 mit Platz für 150 Reisende kommt fast mit einem Zehntel dieser Menge aus.

Zudem war die Concorde besonders laut: Der charakteristische Knall beim Durchbrechen der Schallmauer führte dazu, dass die meisten Länder dem Jet nur eine Überfluggenehmigung für Geschwindigkeiten unter der Schallgrenze erteilte. So konnte der Pilot nach dem Start in Europa erst auf dem Atlantik richtig Gas geben. Das schränkte die Einsatzmöglichkeiten und den Zeitgewinn erheblich ein.

Comeback zur falschen Zeit

Schliesslich stellten lediglich die nationalen Fluggesellschaften der beiden Concorde-Heimatländer, Air France und British Airways, 16 Maschinen in den Liniendienst. Sie setzten den in die Jahre gekommenen Wundervogel zuletzt nur noch auf der lukrativen Nordatlantik-Strecke nach New York ein.

Im Juli 2000 wollen auch 96 deutsche Touristen dorthin, um das Kreuzfahrtschiff «MS Deutschland» zu besteigen. Doch ihre Concorde mit dem Kennzeichen F-BTSC rollt beim Start in Paris über ein Metallteil, das ein kurz zuvor abgeflogenes Flugzeug verlor. Es zerfetzt bei einer Geschwindigkeit von 324 Stundenkilometern einen Reifen, dessen Teile gegen die linke Tragfläche geschleudert werden. Die Schockwellen zerreissen den Tank Nummer 5 von innen, herausströmendes Kerosin entzündet sich.

Die brennende Concorde taumelt etwa eine Minute in einer Höhe von 60 Metern, neigt sich dann nach links und stürzt auf ein Hotel im Pariser Vorort Gonesse. Alle 100 Passagiere, die vier Besatzungsmitglieder und vier Menschen am Boden werden getötet. Es ist auch der Anfang vom Ende der Concorde-Ära. Zwar steckten Air France und British Airways noch einmal Millionen in eine Umrüstung ihres prestigeträchtigen Flaggschiffs, das seine Zulassung wiedererhält.

Doch wie schon 25 Jahre zuvor der Erstflug kommt Ende 2001 auch das Comeback der Concorde zur falschen Zeit: Kurz nach den Terroranschlägen von New York und Washington steckt die Luftfahrtbranche in der Krise. Zu wenig Passagiere wollen gut 8.000 Euro für den Transatlantikflug zahlen. Im Oktober 2003 wurden die kommerziellen Flüge eingestellt. (dapd)

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