Ungarische Prostituierte: «Der Zwang beginnt schon in der Heimat»

Aktualisiert

Ungarische Prostituierte«Der Zwang beginnt schon in der Heimat»

Bei der Fachstelle FIZ ist man verärgert, dass ein ungarischer Minister einseitig die Schweiz kritisiert, weil 16-Jährige sich hier prostituieren dürfen. Dazu würden junge Ungarinnen auch in ihrer Heimat gezwungen.

Marco Lüssi
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Marco Lüssi

Der ungarische Minister Zoltan Balog will Auffangzentren schaffen für Frauen, die in der Schweiz auf den Strich mussten. Was halten Sie davon?

Doro Winkler: Ich finde es gut, dass sich die ungarische Regierung um das Problem kümmern will. Bis jetzt gibt es in Ungarn kaum Stellen, die Opfern von Frauenhandel helfen. Allerdings haben Opfer einer in der Schweiz begangenen Straftat auch das Recht, hier unterstützt zu werden. Sie sollen nur zurück, wenn sie dies ausdrücklich wünschen. Und dass der Minister die Verantwortung für die Missstände auf dem Strassenstrich vor allem der Schweiz zuschiebt, kann man so nicht stehen lassen.

Er sagte doch nur, es sei eine Schande, dass man sich in der Schweiz ab 16 Jahren prostituieren dürfe.

Auch wir befürworten eine Erhöhung des Mindestalters auf 18 Jahre. Doch ein beträchtlicher Teil der Ungarinnen, die wir betreuen, wurde schon in der Heimat in sehr jungem Alter gezwungen, sich zu prostituieren – bevor sie in die Schweiz kamen. Das Problem besteht also nicht nur in der Schweiz. Diese Frauen leben auch in Ungarn unter sehr prekären Umständen, an deren Verbesserung die dortige Regierung arbeiten sollte.

Wie viele minderjährige Ungarinnen schaffen in Zürich an?

Ich kann nur unsere Zahlen nennen: Von den 184 Fällen von Menschenhandel, mit denen die FIZ sich im Jahr 2010 befasste, betrafen 83 Fälle Ungarinnen. Darunter befanden sich vier Minderjährige.

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