SammelaktionDeutsche wollen Züritüütsch verbieten
Deutsche sammeln derzeit Unterschriften für eine Initiative, die Hochdeutsch als Umgangssprache durchsetzen will. Unverschämt – wenn nicht Satire dahinter stecken würde.
- von
- Antonio Fumagalli

Sammelstand der «Initianten» am Stauffacher in Zürich
Donnerstagabend, 18 Uhr, am Stauffacher in Zürich. An bester Lage stehen drei adrett gekleidete Herren, mit Unterschriftenbögen in der Hand und wachem Blick für die vorbeigehenden Passanten. Hätten sie sich aufgrund ihres unzweifelhaften Sprachgebrauchs nicht gleich selbst als Deutsche zu erkennen gegeben, man hätte ihre Herkunft – das Klischee des grossen, blauäugigen Blondschopfs muss hier bemüht werden – aufgrund optischer Merkmale zumindest erahnt.
«Wir fordern, dass in Zürich künftig überall strikt hochdeutsch gesprochen wird, also auch im Restaurant, an der Migros-Kasse und im Strandbad», sagt der grosse Blonde und fordert mich zum Unterschreiben der Initiative «Stop Züritüütsch» auf.
Ein Anfangsverdacht erhärtet sich
Ich muss schmunzeln, lehne aber dankend ab. Die ganze Aufmachung der Aktion macht eigentlich einen seriösen Eindruck und auch der Wortführer bleibt bei der Begründung der Initiative, so absurd sie auch klingen mag, bierernst. Er sagt, es gelte ordentliches Hochdeutsch durchzusetzen, um des Schweizers Kommunikationsfähigkeit zu verbessern. So seien wir bei der anstehenden Machtübernahme der Deutschen nicht unvorbereitet. Kurz: Wir sollen unseren Dialekt doch gefälligst nur noch zuhause praktizieren.
Er drückt mir einen Flyer in die Hand und wünscht einen geruhsamen Feierabend. Dass auf dem Flugblatt keine Kontaktmöglichkeit zu den Initianten angegeben ist, bekräftigt den Anfangsverdacht: Dem «Komitee für einen Deutschen Sprachraum» geht es nicht um die Sache, es will schlicht provozieren.
«Einige Tausend» Unterschriften sind gesammelt
Ein Blick ins Netz beseitigt dann die letzten Zweifel: Die Aktion findet auf der Homepage der deutschen Witz-Partei «Die Partei» einen prominenten Eintrag. Klickt man auf die Namensliste, findet sich dort die halbe Redaktion des deutschen Satire-Magazins «Titanic» wieder.
Laut Angaben des grossen Blonden hat das Komitee bei nunmehr drei Sammelaktionen schon «einige Tausend» Unterschriften gesammelt. Die Zahl darf stark angezweifelt werden – notabene, da nur in Zürich wohnhafte Schweizer unterschreiben können.
Bleibt die Frage, was die Initianten der Satire-Aktion bezwecken wollen. Aufgrund der Reaktion der zahlreichen Passanten, die den humoristischen Aspekt nicht verstanden haben, darf bezweifelt werden, ob sie beiträgt, die Kontroverse zwischen Zürchern und Deutschen zu entschärfen.