Mindestkurs-Aus: Deutschschweizer stehen zu SNB – Romands nicht

Aktualisiert

Mindestkurs-AusDeutschschweizer stehen zu SNB – Romands nicht

Die Mehrheit der Bevölkerung hält den Entscheid zur Aufgabe des Euro-Mindestkurses für richtig. Viel weniger Unterstützung als in der Deutschschweiz gibt es in der Romandie.

S. Spaeth
von
S. Spaeth
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Musste nach der Abkehr vom Mindestkurs viel Kritik einstecken: Thomas Jordan, Präsident der Schweizerischen Nationalbank SNB.

Musste nach der Abkehr vom Mindestkurs viel Kritik einstecken: Thomas Jordan, Präsident der Schweizerischen Nationalbank SNB.

Peter Klaunzer
Bis kurz vor dem 15. Januar 2015 hatte die SNB ihr Mantra von der bedingungslosen Verteidigung der 1.20-Franken-Marke zum Euro wiederholt.

Bis kurz vor dem 15. Januar 2015 hatte die SNB ihr Mantra von der bedingungslosen Verteidigung der 1.20-Franken-Marke zum Euro wiederholt.

Laurent Gillieron
Laut einer repräsentativen Umfrage von Marketagent.com halten nur rund 17 Prozent der Befragten in der Deutschschweiz und der Romandie den Entscheid des SNB-Direktoriums für falsch. 56 Prozent der Befragten bezeichneten die Aufhebung des Mindestkurses als richtig. Im Bild: Die SNB-Direktoriumsmitglieder Jean-Pierre Danthine, Thomas Joardan und Fritz Zurbruegg (v.l.n.r.).

Laut einer repräsentativen Umfrage von Marketagent.com halten nur rund 17 Prozent der Befragten in der Deutschschweiz und der Romandie den Entscheid des SNB-Direktoriums für falsch. 56 Prozent der Befragten bezeichneten die Aufhebung des Mindestkurses als richtig. Im Bild: Die SNB-Direktoriumsmitglieder Jean-Pierre Danthine, Thomas Joardan und Fritz Zurbruegg (v.l.n.r.).

Walter Bieri

Der Aufschrei in der Bevölkerung und in der Schweizer Wirtschaft am 15. Januar war gross. An diesem Tag hatte die Schweizerische Nationalbank (SNB) – nachdem sie über Monate ihr Mantra von der bedingungslosen Verteidigung der 1.20-Franken-Marke zum Euro wiederholt hatte – die Abkehr vom Mindestkurs verkündet. Exponenten der Exportwirtschaft bezeichneten den SNB-Schritt aus Furcht vor dem Verlust der Konkurrenzfähigkeit als «Katastrophe» und kritisierten den Nationalbankpräsidenten Thomas Jordan scharf. Konjunkturforscher prognostizierten eine Rezession und Angestellte verschiedenster Branchen bangten um ihre Jobs.

Einige Monate nach dem Entscheid hat sich die Stimmung jetzt zugunsten der Nationalbank gewendet. Laut einer repräsentativen Umfrage der Marktforscher von Marketagent.com, die 20 Minuten exklusiv vorliegt, halten nur rund 17 Prozent der Befragten in der Deutschschweiz und der Romandie den Entscheid des SNB-Direktoriums für falsch. 56 Prozent der Befragten bezeichneten die Aufhebung des Mindestkurses als richtig. Rund ein Viertel der Befragten (26,7 Prozent) gaben allerdings an, nicht beurteilen zu können, ob das Mindestkurs-Aus richtig oder falsch sei. Durchgeführt wurde die Umfrage in der ersten Maihälfte bei 501 Personen.

Romands sind SNB-kritsch

Einen bemerkenswerten Unterschied gibt es aber zwischen den Sprachregionen: Während rund 61 Prozent der Deutschschweizer hinter der SNB stehen, halten nur rund 39 Prozent der Romands das Mindestkurs-Aus für richtig. «In der Deutschschweiz gab es vor der Aufgabe des Mindestkurses eine intensive Diskussion über Vor- und Nachteile der Wechselkursuntergrenze. Die Öffentlichkeit war für das Thema bereits vor dem 15. Januar sensibilisiert», sagt Rudolf Minsch, Chefökonom des Wirtschaftsdachverbandes Schweiz, zu 20 Minuten. In der Romandie habe es hingegen deutlich weniger kritische Stimmen gegenüber der Mindestkurspolitik gegeben.

Minsch stützt seine Beurteilung auf die Auswertung von Zeitungsartikeln, die Economiesuisse gemacht hat. Economiesuisse-Chefökonom Minsch erklärt die 56-Prozent-Zustimmung zum Mindestkurs-Aus mit der unterschiedlichen Haltung der Sprachregionen. «In der Westschweiz sind wegen der Nähe zu Frankreich die negativen Auswirkungen viel stärker spürbar.» In Zürich und Bern würden demgegenüber die Vorbehalte gegenüber weiteren Fremdwährungskäufen durch die SNB überwiegen.

Unterschiede in der Zustimmung um den SNB-Entscheid gibt es auch zwischen den Geschlechtern. Während fast 63 Prozent der Männer der Meinung sind, die Nationalbank habe richtig gehandelt, sind es bei den Frauen nur 49 Prozent. Mehr als ein Drittel der Frauen gab aber an, die Mindestkurs-Aufhebung nicht beurteilen zu können.

Gaben günstigere Produkte Ausschlag für Zustimmung?

Über die Gründe, weshalb die Mehrheit der Befragten hinter dem SNB-Entscheid steht, gibt die Umfrage keinen Aufschluss. Denkbar sind in erster Linie zwei Dinge. Einerseits: Das SNB-Direktorium hat es geschafft, die schwierige Lage der Bevölkerung zu erläutern. So sagte SNB-Vizepräsident Jean-Pierre Danthine kurz nach dem Mindestkurs-Aus zu mehreren Tageszeitungen, die letzten Wochen vor dem Mindestkurs-Aus sei kein Tag ohne grosse Interventionen vergangen. Andererseits ist auch denkbar, dass viele der Befragten mittlerweile aus pragmatischen Gründen hinter dem SNB-Entscheid stehen, weil sich für sie viele Importprodukte, Shopping ennet der Grenze und Ferien im Euroraum verbilligt haben.

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