Datenpanne beim Bundesamt: BAG überprüft nach Datenpanne die «internen Abläufe»

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Datenpanne beim BundesamtBAG überprüft nach Datenpanne die «internen Abläufe»

Die FDP verlangt vom BAG eine Erklärung, wie es zur Datenpanne kommen konnte. Auch der ehemalige Berner Kantonsarzt Jan von Overbeck sagt, der Fehler sei «gravierend».

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Das BAG hat falsche Zahlen zu Ansteckungen in Clubs veröffentlicht.

Das BAG hat falsche Zahlen zu Ansteckungen in Clubs veröffentlicht.

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Doch nicht so gefährlich: Eine Party im Hallenstadion in Zürich.

Doch nicht so gefährlich: Eine Party im Hallenstadion in Zürich.

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Obwohl sich an Partys viele Menschen auf engem Raum aufhalten, haben sich nur wenige in einem Club angesteckt.

Obwohl sich an Partys viele Menschen auf engem Raum aufhalten, haben sich nur wenige in einem Club angesteckt.

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Darum gehts

  • Die FDP will, dass das BAG die Datenpanne aufklärt und Lehren daraus zieht.
  • Das Bundesamt hatte am Freitag falsche Zahlen zu Ansteckungsorten herausgegeben.

Die Mehrheit der rückverfolgbaren Ansteckungen passiere in einem Club, in einer Bar oder einem Restaurant: Diese Zahlen des Bundesamts für Gesundheit veröffentlichte SRF am Freitag. Am Sonntag entschuldigte sich das BAG für die falschen Zahlen: Diese seien fehlerhaft und «einem falschen Ansteckungsort zugeordnet worden». Demnach steckten sich nur noch knapp vier Prozent der Corona-Fälle in Clubs, Bars oder Restaurants an. Hauptansteckungsort war plötzlich die Familie. Wie es genau zum Fehler kommen konnte, blieb offen.

Jetzt reagiert die FDP auf die Kritik der Clubbetreiber am BAG. Via Twitter verlangen die Freisinnigen vom Bund eine Erklärung, wie es genau zur Datenpanne kommen konnte:

«Kantone sind aufgeschmissen, wenn sie falsche Daten kriegen»

Von einem «gravierenden Fehler» spricht auch der ehemalige Berner Kantonsarzt Jan von Overbeck, der im Kanton Bern während der Corona-Pandemie das Drive-in-Testzentrum aufgebaut hat. «Die Kantone sind aufgeschmissen, wenn sie falsche Daten bekommen. Schliessen sie auf Basis falscher Zahlen Clubs und Bars, hat das wirtschaftliche Auswirkungen. Zudem schadet dies der Glaubwürdigkeit der Schutzmassnahmen. Das BAG hat sich keine Freunde gemacht.»

Von Overbeck sagt: «Die Alarmglocken hätten bei der Interpretation der Daten schrillen müssen. Eine mögliche Ursache könnte sein, dass das BAG bei der elektronischen Datenerfassung kurz nach dem Mittelalter stehengeblieben ist.» So werde die Zeit mit dem Entziffern und Aufbereiten von Daten verbraten, statt mit der Interpretation. «Das BAG hat zwar Fortschritte gemacht, es gibt aber immer noch Hausärzte, die ihre Zahlen per Fax übermitteln.»

In einer Pandemie müsse ein Bundesamt die Übersicht behalten und glasklar kommunizieren, um glaubwürdig zu bleiben, sagt der Infektiologe. «In der Prävention sind einfache und klare Botschaften essentiell.» Der Fehler sei auch darum unglücklich, weil schon bei der Maskenpflicht in Geschäften Verwirrung herrsche: «Jeder Kanton kocht sein eigenes Süppchen. Hier müsste Herr Berset jetzt eine klare Ansage machen.»

«Das BAG hat umgehend informiert»

Das BAG hat sich am Sonntag für den Fehler entschuldigt. Zur Kritik hat das Bundesamt bislang nicht detailliert Stellung genommen. Am Montagnachmittag antwortete das BAG der FDP via Twitter: Die internen Abläufe würden nun überprüft. Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» sprach ein BAG-Sprecher von einem «rein menschlichen Fehler».

Nicht zum ersten Mal

Kritik und Pannen

Das BAG steht in der Pandemie nicht zum ersten Mal in der Kritik. Die Chronologie:

• Im Juli berichtete der «Tages-Anzeiger», dass Airlines handschriftlich ausgefüllte Kontaktkarten mit Passagierdaten am Flughafen Zürich für 14 Tage einlagern. Kommt es zu einem Fall, müssten die Zettel eingescannt und nach Bern geschickt werden. Das BAG sagte damals, man prüfe ein elektronisches System.

• Im Mai vermeldete das BAG via Twitter 98 Neuinfektionen. Weil ein Labor falsche Zahlen durchgab, musste der Wert anschliessend auf 58 korrigiert werden.

• Im April musste das BAG die Todesfallstatistik korrigieren. Der vermeintliche Tod eines Mädchens (9) hatte für Schlagzeilen gesorgt. Das Opfer war in Tat und Wahrheit aber 109 Jahre alt. Ein anderer Toter war 87 statt 27.

• Schon ganz zu Beginn der Pandemie gab es «Anfangsschwierigkeiten»: Die neu lancierte Corona-Info-Hotline funktionierte in den ersten Stunden nicht.

• Inzwischen empfiehlt das BAG den Kantonen eine Maskenpflicht in Läden. Zu Beginn hiess es beim Bund stets, es bringe nichts, wenn die breite Bevölkerung Maske trägt.

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