Juden in Zürich: «Die Angst vor Terror-Anschlägen ist da»

Aktualisiert

Juden in Zürich«Die Angst vor Terror-Anschlägen ist da»

Die Terroranschläge von Paris und Kopenhagen bereiten auch den Juden in Zürich Sorgen. Einige denken sogar übers Auswandern nach.

von
fro/loo
Für viele Zürcher Juden ist die Angst vor Terroranschlägen spürbar.

Für viele Zürcher Juden ist die Angst vor Terroranschlägen spürbar.

Viele Juden fühlen sich nach den Terroranschlägen von Kopenhagen und Paris in Europa nicht mehr sicher – aus Frankreich wandern sogar so viele nach Israel aus wie noch nie. Auch hierzulande macht sich die Angst bemerkbar. «Die Leute machen sich ernsthaft Gedanken», sagt Bernhard Korolnik, Mitglied des Vorstands der Israelitischen Religionsgesellschaft Zürich (IRGZ). Für ihn sei ein Anschlag in Zürich nicht ausgeschlossen. Trotzdem denke man derzeit nicht übers Auswandern nach.

Auch Susi Saitowitz, Generalsekretärin der jüdischen liberalen Gemeinde Zürich, kennt niemanden, der auswandern will: «Die Verunsicherung und Angst ist klar spürbar.» Schliesslich existiere auch in der Schweiz eine potenzielle Gefahr und Juden seien oft Ziel von Anschlägen gewesen. «Deshalb ist unsere Gemeinde schon immer in Kontakt mit der Polizei gewesen», so Saitowitz. Und sie wird es auch in Zukunft bleiben, um Sicherheit und Schutz zu gewähren.

Wachsamkeit hat sich erhöht

Ähnlich sieht es in der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich (ICZ) aus. «Viele jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger sind vorsichtiger geworden, denn die Angst vor solchen Anschlägen ist da», sagt der Generalsekretär der ICZ, Frédéric Weil. «Wir versuchen unsere Mitglieder und Institutionen so gut wie möglich zu schützen.» Über den genauen Schutz kann er keine weiteren Details geben. «Die Wachsamkeit hat sich aber klar erhöht.»

Obwohl viele Juden wachsamer werden, lassen sie sich nicht einschränken. «Auch die orthodoxe jüdische Gemeinschaft ist wachsam, hält aber an ihren Traditionen fest – vor allem, was die Bekleidung in der Öffentlichkeit betrifft», so Weil.

Ein Jude, der anonym bleiben möchte, fühlt sich in letzter Zeit auf der Strasse nicht mehr so wohl: «Wenn ich in Zürich mit der Kippa auf dem Kopf an einer Gruppe junger Männer vorbeijogge, dann spüre ich eine Verunsicherung bei mir, die früher nicht da war.» In seiner Gemeinde werde Auswandern jedenfalls rege diskutiert: «Und das, obwohl unsere Heimat die Schweiz ist und wir diese wunderbare Gesellschaft vermissen würden.»

Sicherheit muss gewährt sein

Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) geht davon aus, dass die Behörden die notwendigen Massnahmen treffen müssen. «Es ist wichtig, dass die Sicherheit der Juden gewährt ist», sagt Jonathan Kreutner, Generalsekretär des SIG. Wie genau das aussehen soll, kann er nicht sagen. «Das ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich.»

Die Stadtpolizei Zürich wird bei Sicherheitsbedenken von sich aus aktiv. «In so einem Fall machen wir eine spezifische Lagebeurteilung, erstellen ein Sicherheitskonzept und ergreifen wenn nötig Massnahmen», sagt Judith Hödl, Sprecherin der Stadtpolizei. «Die Stadtpolizei macht ständig Lagebeurteilungen. Je nachdem werden Konzepte wieder angepasst.» Im Zusammenhang mit den Terroranschlägen in Paris wurde dies bereits gemacht.

Deine Meinung