Balkan-Konflikt: «Die Bevölkerung in Serbien und Kosovo will bestimmt keinen Krieg»

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Balkan-Konflikt«Die Bevölkerung in Serbien und Kosovo will bestimmt keinen Krieg»

Die Lage im Norden Kosovos ist angespannt. Laut einem Experten ist ein Kriegsausbruch aber eher unwahrscheinlich. 

von
Chantal Gisler
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Die kosovarische Regierung verurteilte «die Blockade von Strassen im Norden Kosovos» sowie das Abfeuern von Schüssen durch bewaffnete Personen.

Die kosovarische Regierung verurteilte «die Blockade von Strassen im Norden Kosovos» sowie das Abfeuern von Schüssen durch bewaffnete Personen.

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Pristina machte Belgrad für «aggressive Handlungen» im Laufe des Nachmittags und Abends verantwortlich.

Pristina machte Belgrad für «aggressive Handlungen» im Laufe des Nachmittags und Abends verantwortlich.

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Das serbische Verteidigungsministerium widersprach wiederum den Berichten, dass man mit Truppen in Kosovo eingerückt sei, und beschuldigte Politiker und Medien in Kosovo, die Spannungen anzuheizen.

Das serbische Verteidigungsministerium widersprach wiederum den Berichten, dass man mit Truppen in Kosovo eingerückt sei, und beschuldigte Politiker und Medien in Kosovo, die Spannungen anzuheizen.

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Jens Engeli ist Regionalkoordinator für Osteuropa bei der Hilfsorganisation «Helvetas», die Serbien wie auch Kosovo unterstützt. Derzeit ist Engeli in Belgrad stationiert. Gegenüber 20 Minuten schätzt er die aktuelle Lage zum Serbien-Kosovo-Konflikt ein. 

Herr Engeli, droht uns ein neuer Krieg auf dem Balkan?

Weder Kosovo noch Serbien wollen einen neuen Konflikt. Die Regierungen beider Länder haben Frieden gefordert und sind grundsätzlich nicht auf einen neuen Krieg aus. Zumal sie wissen, dass ein Krieg bei der Mehrheit der Bevölkerung keinen Rückhalt geniessen würde. Der Grossteil der Bevölkerung in Serbien wie auch im Kosovo will ein normales Leben führen und ihr Land vorwärtsbringen. Der Kosovokrieg ist noch nicht so lange her, die Wunden sind noch nicht verheilt. Viele haben den Krieg selbst erlebt und dabei viel verloren. Das wollen sie auf keinen Fall nochmals durchmachen müssen. 

Was würde ein Krieg bedeuten?

Es wäre eine Katastrophe. Einerseits für Europa, da man zwei Kriege hätte, die die Wirtschaft weiter schwächen. Gleichzeitig könnte es bei den Ex-Jugoslawien-Staaten zu neuen Konflikten rund um die Grenzziehungen führen. Die grössten Verlierer wären aber Kosovo und Serbien. Ein Krieg würde beide Länder zurückwerfen und wäre ein herber Rückschlag. Denn beide wollen Frieden und in die EU, was mit einem Krieg verunmöglicht wird. Die EU ist für beide ein sehr wichtiger Handelspartner.

Wie sieht die Situation aktuell aus?

Der Norden Kosovos, wo viele Serben leben, war schon immer ein Spannungsfeld und wird es wohl auch bleiben. Aktionen, wie die Errichtung von Strassenbarrikaden, können dabei das Fass zum Überlaufen bringen. Das Problem ist, dass der Kosovokrieg in beiden Ländern nie richtig aufgearbeitet wurde. Zudem gehört Kosovo nach Ansicht der Serben weiterhin zu Serbien. Für die Kosovaren ist es hingegen ein selbstständiger Staat. Die Lage hat sich in der Zwischenzeit aber wieder beruhigt. Informationen, wie beispielsweise dass Spezialeinheiten beider Länder an die Grenzen gefahren sind, sind mit grosser Vorsicht zu geniessen. Ich selbst habe bislang nichts davon mitbekommen. Oft sind es radikale politische Gruppierungen, welche mit Falschinformationen Propaganda betreiben und damit die Bevölkerung verunsichern wollen. Die Regierungen sind sich hingegen bewusst, dass sie mit solchen Aktionen den Konflikt nur unnötig schüren würden.  

Serbien-Kosovo-Konflikt

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