Fliegerass Stepan Tarabalka: Die Eltern erzählen aus dem Leben des legendären «Geists von Kiew»

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Fliegerass Stepan TarabalkaDie Eltern erzählen aus dem Leben des legendären «Geists von Kiew»

Der ukrainische Pilot Stepan Tarabalka galt als der «Geist von Kiew». Er ist im Kampfeinsatz abgeschossen worden. Seine Familie erzählt aus dem Leben ihres getöteten Sohnes.

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Der ukrainische Pilot Stepan Tarabalka ist über Kiew abgeschossen worden.

Der ukrainische Pilot Stepan Tarabalka ist über Kiew abgeschossen worden.

Ukrainische Streitkräfte
Bereits als Kind habe Stepan die MiG-Jets beobachtet, die auf dem nahe gelegenen Militärflugplatz in der Westukraine ein- und ausflogen, erzählt seine Mutter.

Bereits als Kind habe Stepan die MiG-Jets beobachtet, die auf dem nahe gelegenen Militärflugplatz in der Westukraine ein- und ausflogen, erzählt seine Mutter.

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«Bei jeder Gelegenheit flog er nahe an unser Haus heran und zeigte eine kleine Kunstflugnummer, um zu zeigen, was er gelernt hatte und wie er fliegen konnte», erinnert sich seine Mutter.

«Bei jeder Gelegenheit flog er nahe an unser Haus heran und zeigte eine kleine Kunstflugnummer, um zu zeigen, was er gelernt hatte und wie er fliegen konnte», erinnert sich seine Mutter.

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Darum gehts

Der ukrainische Pilot Stepan Tarabalka ist über Kiew abgeschossen worden. Beim 29-Jährigen soll es sich um den sagenumwobenen «Geist von Kiew» gehandelt haben. Er soll an einem Tag sechs russische Kampfflugzeuge abgeschossen haben. Laut Angaben der Familie des Piloten und des ukrainischen Verteidigungsministeriums ist Tarabalka bereits am 13. März ums Leben gekommen.

Im März hat der Generalstab der Ukraine auf Facebook ein Foto des angeblichen «Geists» veröffentlicht. «Hallo, russischer Schurke, ich hol mir deine Seele!», heisst es unter dem Post, der den Piloten im Cockpit seines MiG-29-Kampfjets zeigen soll.

Ein Journalist von National Public Radio (NPR) hat sich mit Tarabalkas Eltern in einem Park in Kolomyia verabredet, um über ihren Sohn zu sprechen. Das Gespräch fand dann schliesslich in dem Keller statt, in dem Tarabalka laut Angaben seiner Eltern das Trompetespielen gelernt habe. «Vielleicht hat Gott uns hierher geführt, in seinen Übungsraum, um über sein Leben zu sprechen», sagt Iwan, der Vater des gefallenen Piloten. Er und seine Frau Natalia  stützen sich auf ihren Glauben, während sie den Tod ihres einzigen Sohnes betrauern. 

«Fliegerass»

Schon als kleiner Bub wollte er Pilot werden

Als Kind habe Stepan die MiG-Jets beobachtet, die auf dem nahe gelegenen Militärflugplatz in der Westukraine ein- und ausflogen, erzählt seine Mutter. Und wenn bei Übungen auf dem Flugplatz Fallschirmjäger vom Himmel gesprungen seien, sei er aufgeregt losgerannt, um einen besseren Blick zu erhaschen. «Er rannte in ihre Richtung, um zu sehen, wo sie gelandet waren», erinnert sich Natalia und wischt sich die Tränen ab, während sie spricht. «Seit seiner frühen Kindheit träumte er immer vom Himmel, davon, höher als die Wolken zu fliegen.» 

Aber der Traum, Pilot zu werden, schien für den Buben unerreichbar zu sein. Stepan war ein Arbeiterkind aus einem kleinen Dorf. Seine Eltern lebten die meiste Zeit des Jahres in Portugal und arbeiteten dort, um mehr Geld zu verdienen. Natalia sagt, dass niemand ihrem Sohn bei der Erfüllung seiner Träume geholfen habe. Sie ist stolz darauf, dass er seine Ziele aus eigener Kraft erreicht hat.

«Es war schwierig. Wir hatten keine Verbindungen zum Militär, niemanden, den wir um Rat fragen und der uns helfen konnte», sagt sie. «Er hat sich alles selbst aufgebaut. Ich habe nur mit Gebeten geholfen», so die trauernde Mutter. Nachdem Stepan die Militär- und Flugschule absolviert habe, habe er, wann immer es möglich war, die westlichen Dörfer überflogen und mit seinen MiG-29-Flügeln gegrüsst, sagt Natalia.

«Bei jeder Gelegenheit flog er nahe an unser Haus heran und zeigte eine kleine Kunstflugnummer, um zu zeigen, was er gelernt hatte und wie er fliegen konnte», erinnert sich seine Mutter. «Und jeder im Dorf, jedes Haus und alle umliegenden Dörfer wussten, dass es Stepan war, der flog.» Seine Grossmutter, sagt Natalia, sei besonders aufgeregt und stolz auf die Überflüge gewesen. «Stepan war ihr Liebling. Sie rannte immer aus dem Haus, wenn sie hörte, dass Stepan vorbeifliegt, und sah sich all seine Tricks an.» 

2014 flog er seine ersten Kampfeinsätze

Schliesslich setzte er seine fliegerischen Fähigkeiten im Kampf ein – er kämpfte für sein Land im Konflikt mit Russland im Jahr 2014 in der östlichen Donbass-Region, flog Unterstützungsmissionen und wurde dann als Kampfpilot in den Dienst berufen, als Russland am 24. Februar 2022 einmarschierte. Sein Vater Iwan kehrte von seinem Baujob in Portugal in das Dorf zurück, nachdem er erfahren hatte, dass sein Sohn bei einem Einsatz gegen die russischen Truppen abgeschossen worden war. Das ukrainische Militär wollte dem NPR keine Einzelheiten über seinen letzten Flug mitteilen.

Iwan sagt, dass auch die Familie nicht viel erfahren hat. «Wir wissen, dass er einen Einsatz geflogen ist und dass er seine Mission, seine Aufgabe erfüllt hat», sagt er leise. «Und dann ist er nicht zurückgekehrt. Das sind eigentlich alle Informationen, die wir haben.» Der russische Staatschef Wladimir Putin habe gedacht, seine Truppen hätten in der Ukraine leichtes Spiel, sagt Iwan, «aber dieser Krieg hat nur alle Ukrainerinnen und Ukrainer vom Westen bis zum Osten geeint. Er hat uns zu einer Einheit gemacht.» 

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Hier findest du Hilfe für dich und andere:

Fragen und Antworten zum Krieg in der Ukraine (Staatssekretariat für Migration)

Kriegsangst?, Tipps von Pro Juventute

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

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