«Markenbotschafter»Die Facebook-Sperre bröckelt
In der Finanzbranche sind Social Media am Arbeitsplatz aus Sicherheitsgründen tabu. Swiss Life geht einen neuen Weg: Der Konzern will die Aktivitäten seiner Mitarbeiter nutzen.
- von
- Sandro Spaeth

Neuer Trend in der Finanzbranche?: Swiss-Life-Mitarbeiter dürfen Facebook ab sofort wieder am Arbeitsplatz benützen. Und auch die Zurich überlegt sich diesen Schritt.
«Kein Zugriff», «Seite gesperrt», «Access denied»: Solche oder ähnliche Meldungen erhalten die meisten Mitarbeiter aus der Finanzbranche, wenn Sie über ihren Büro-Computer auf Soziale Netzwerke zugreifen wollen. Bei Facebook nach den Freunden schauen oder die heisseste News twittern ist verboten – wegen der Sicherheit.
Dies war bis Anfang Woche auch bei Swiss Life so. Nun geht der Versicherungskonzern aber in die Offensive: Man betrachtet Social Communities im Web nicht weiter als Gefahr, sondern als wichtigen Kommunikationskanal: «Die Mitarbeiter sollen sehen können, was über Swiss Life geschrieben wird und selbst an Diskussionen teilnehmen», erklärt Pressesprecher Dajan Roman. Die eigenen Angestellten betrachtet Swiss Life als Markenbotschafter.
Risiko lässt sich nicht eliminieren
IT-Experten erachten die Öffnung der Social-Media-Tools insbesondere in der Finanzbranche als heikel. Die Gefahr sind so genannte Social-Engineering-Angriffe: «Cyberkriminelle fahnden nach Angaben, die ihnen am Ende helfen, ins Firmensystem einzudringen», erklärt IT-Spezialist und Sicherheitsexperte Guido Rudolphi. Hacking bedeute heute zu 90 Prozent Social-Engineering. Über Facebook könnten Angreifer herausfinden, über welchen – womöglich schlecht gesicherten – privaten Computer sich die Mitarbeiter ins Firmennetz einloggen. Und so zuschlagen.
Durch gezielte Information lässt sich das Risiko von Social-Engineering allerdings minimieren. «Eliminieren kann man es nicht», sagt Rudolphi. Dieser Gefahr ist man sich bei Swiss Life bewusst, weshalb die Öffnung von Facebook & Co von einem Schulungsprogramm begleitet wird. Angst, dass die Mitarbeiter ständig bei Facebook «hängen» statt zu arbeiten, hat Swiss Life keine. Man vertraut auf das Augenmass der Mitarbeiter.
«Meistens wird Facebook wegen des vielen Traffic und der verlorenen Zeit gesperrt», sagt hingegen IT-Sicherheitsexperte Marc Ruef. «Die Seite aktualisiert sich ständig neu, das belastet das Netzwerk». Der Bund kann davon ein Liedchen singen: Im Frühjahr 2009 belegte Facebook Rang zwei unter den am häufigsten besuchten Seiten und legte das Netzwerk lahm, worauf einige Departemente Facebook gleich ganz sperrten.
Banken treten auf die Bremse
Während der Bund Facebook im vergangenen November zumindest in einzelnen Departementen wieder geöffnet hat, steht die Finanzbranche noch immer auf die Bremse: So ist Facebook bei der UBS und der ZKB für alle Mitarbeitenden gesperrt. Ähnlich tönt es bei der Credit Suisse: «Der Zugang zu sozialen Netzwerken ist gesperrt. Die Sicherheit hat höchste Priorität», sagt CS-Sprecherin Valeria Ancarani. Auch bei der Postfinance steht Facebook auf der schwarzen Liste. «Wir wollen verhindern, dass allfällige Identitäten von Mitarbeitenden und Kunden ausgekundschaftet und missbraucht werden können», so Postfinance-Sprecher Marc Andrey.
Nicht als Social-Media-Muffel gelten möchte Zurich Financial Services. Hier drückte man sich lange um die klare Antwort. Statt mit Ja oder Nein zu antworten, schreibt die Kommunikationsabteilung: «Social Media wird für Zurich immer wichtiger». Auf Nachfrage sagt Sprecherin Ulrike Felber: Noch seien Facebook & Co. für die meisten Angestellten gesperrt. Allerdings bestünden Bestrebungen, diese Kanäle für alle zugänglich zu machen.
Markenwert steigern
Dass Facebook viel mehr ist als nur Bilder posten und mit Freunden in Kontakt sein, zeigt eine kürzlich veröffentlichte Studie der Beratungsfirma Deloitte. Demnach steuerte Facebook zum europäischen Bruttoinlandprodukt einen Mehrwert von 15,3 Milliarden Euro hinzu. Am meisten konnten laut der Studie die kleinen um mittleren Unternehmen profitieren. Ihnen gelingt es dankt Facebook den Bekanntheitsgrad ihrer Marken zu steigern und die Produkte auf einem zusätzlichen Kanal zu vermarkten.
Zug kommuniziert mit Facebook: Die Zuger Verwaltung kann auf Facebook oder Twitter kommunizieren. Der Regierungsrat sprach sich am Mittwoch für die Nutzung von Social Media aus. Er will damit die Kommunikation des Kantons stärken. Social Media seien eine Realität und prägten bereits heute die Kommunikation sehr stark, schreibt der Zuger Regierungsrat. Der Einsatz von Social Media erlaube es dem Kanton Zug, weitere Plattformen für die Kommunikation einzusetzen und so seine Strategie einer möglichst transparenten Information zu stärken.