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Konzert: ZH, 25.07.Die Firma

Plötzlich schien alles verbockt: Statt funky Bläsersätzen waren nur noch Balladen gefragt. Es dauerte Jahre, bis die Band Chicago aus der Einbahnstrasse fand, in die sie versehentlich eingebogen war.

von
Silvano Cerutti

Ende der Neunziger köchelten Chicago nur noch auf schwacher Flamme, obwohl die Musiker das Schlimmste zu jener Zeit bereits überstanden hatten. Zwar schätzten sie sich glücklich, mit Musik ihr Leben bestreiten zu können, doch sie steckten fest in einem Entertainment-KMU mit ziemlich langer Gehaltsliste. Aus diesem Grund durfte die Band nur noch Balladen liefern, da diese beim Publikum zogen. Pures Gift für die ambitionierten Musiker.

Dabei ist einiges an Chicago ungewöhnlich. Nicht nur ihre Stellung innerhalb der Musikgeschichte als Pioniere der Fusion von Jazz und Rock. Die 1967 gegründete, achtköpfige Band besteht zur Hälfte noch immer aus Originalmitgliedern (wer schafft das sonst noch ausser den Rolling Stones?), ist eine der ganz wenigen Gruppen mit einer festen Bläsersektion und wurde von einem totalen Autodidakten geleitet. Dabei sind die meisten Mitglieder hervorragend ausgebildete Musiker.

Terry Kath gehörte zu den besten Gitarristen seiner Generation, konnte aber keine Noten lesen. Seine Melodien summte er den Kollegen jeweils vor. Doch der charismatische Kath war auch impulsiv. Weil er das Gefühl hatte, von der englischen Presse zu wenig respektiert zu werden, beleidigte er sie an einer grossen Pressekonferenz dermassen effizient, dass Chicago in der Folge zwölf Jahre lang kein einziges Konzert mehr in England spielten. Wenige Tage vor seinem 32. Geburtstag spielte Terry Kath dann russisches Roulette. Offiziell spricht man bei Chicago von einem «Unfall».

Auch ohne Kath schrieb die Band noch eine ganze Reihe von Hits, doch vielleicht hätte sie sich weniger stark auf die Produktion von Balladen einlassen sollen. Fakt ist jedenfalls, dass sie Mitte der Neunziger eine eigene Plattenfirma gründete, obwohl die Band eigentlich zu den grundsoliden US-Entertainment-Fabrikanten gehörte. Eine seltene Kombination.

Der Befreiungsschlag zahlte sich nicht sofort aus. Aber er ermöglichte 2002 eine Zusammenarbeit mit Rhino, einem Label, das auf Rockveteranen spezialisiert ist. Rhino brachte nicht nur den Backkatalog in gewohnt sorgfältiger Edition wieder auf den Markt, sondern schickte Chicago auch wieder ins Studio. Das dreissigste Album brachte einen Kompromiss: zur Hälfte Balladen, zur Hälfte funkige Jazz-Rock-Fusion nach dem Gusto der Musiker.

Inzwischen tourt man wieder international, und ein neues Album ist für 2009 geplant. Dafür will man mit berühmten Musikern zusammenspannen. Gerüchten zufolge ist Sting im Gespräch ...

Chicago

Datum: Freitag, 25. Juli 2008

Zeit: 20 Uhr

Ort: Kongresshaus, Zürich

Preise: 140.- / 120.- / 100.- / 80.-

Veranstalter: GOOD NEWS concerts

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