Riesige Nachfrage«Die Hemmschwelle ist kleiner geworden» – darum boomt Secondhand
Apps und Läden mit gebrauchten Produkten verzeichnen grosses Wachstum. Für viele geht es wegen der Teuerung nicht mehr anders. Doch es gibt auch andere Gründe für den Trend.
Darum gehts
Verkäufer von Secondhand-Produkten erwarten starkes Wachstum.
Gründe dafür sind der Nachhaltigkeitstrend und die Krise.
Wegen der hohen Preise kommen viele auf den Geschmack von Secondhand.
Secondhand boomt. In Deutschland rechnet der Handelsverband damit, dass der Gebrauchtwaren-Markt dieses Jahr um acht Prozent auf rund 15 Milliarden Euro steigt. Das wäre ein grösseres Wachstum als beim gesamten Detailhandel. Als Gründe nennt der Verband den Umweltschutz und die Inflation.
Secondhand ist nicht nur Flohmarkt und Ebay. Europas grösste Secondhand-Plattform Vinted, in Deutschland früher bekannt als Kleiderkreisel, zählt über 65 Millionen Mitglieder und wird mit 3,5 Milliarden Euro bewertet.
Auch Moderiesen haben den Trend erkannt und eigene Plattformen gestartet wie beispielsweise H&M mit Sellpy. Dort bekommen Verkäuferinnen und Verkäufer eine Tasche zugeschickt, die sie mit Kleidern füllen und ins Sortierzentrum der Firma zurückschicken können.
Jeder Schweizer Haushalt mit Ricardo-Account
Sellpy und Vinted gibt es noch nicht in der Schweiz. Dafür erlebt Ricardo einen Boom mit so vielen Nutzerinnen und Nutzern wie noch nie. Mit 4,75 Millionen Mitgliedern verfügt theoretisch jeder Schweizer Haushalt über einen Ricardo-Account, wie Sprecherin Mojca Fuks sagt.
Auf der Plattform, die wie 20 Minuten zur TX Group gehört, wächst der Secondhand-Anteil laut Fuks seit Jahren. Vergangene Woche seien mehr als sieben von zehn verkauften oder versteigerten Artikeln aus zweiter oder dritter Hand gewesen. Vor zwei Jahren waren es noch 66 Prozent.
Verkaufst du gebrauchte Kleider?
Das Bedürfnis nach nachhaltigem und sinnhaftem Konsum nehme zu, sagt Fuks. Zudem spielten auch der Preisvorteil und die Einzigartigkeit von Secondhand eine wichtige Rolle. «Gebrauchte Artikel liegen immer mehr im Trend», so Fuks.
«Die Hemmschwelle für Secondhand ist kleiner geworden», sagt auch Daniela Müller, Inhaberin von Glanz Secondhand in Winterthur. Die Leute wollten ökologischer einkaufen, gleichzeitig merkten sie, dass sie mit Secondhand-Produkten gute Qualität zu günstigen Preisen bekämen, so Müller. Die Grünen in Zürich wollen nun aus Umweltgründen ein grösseres Secondhand-Angebot (siehe Box).
30 Kilogramm Kleider pro Kopf und Jahr
Um den Textilkonsum zu senken, wollen die Grünen der Stadt Zürich, dass künftig ein grösseres Angebot besteht, um Secondhand-Kleidung zu kaufen. Jährlich landen in Zürich rund 2000 Tonnen Textilien in den Sammelcontainern. Pro Kopf rechnet die Partei mit einem Textilkonsum von etwa 30 Kilogramm pro Kopf und Jahr.
Das Interesse sei riesig und die Nachfrage werde in Zukunft nicht nur online zunehmen. «Die Leute schätzen am Laden vor allem die persönliche Beratung und dass sie die Kleider anprobieren können, sodass sie sich für etwas entscheiden können, das wirklich zu ihnen passt», so Müller.
Auch Caritas spürt den Secondhand-Boom. «Es gibt eine grosse Nachfrage. Bei manchen aus ökologischen Gründen, aber viele sind auch einfach darauf angewiesen, günstig einzukaufen, weil es anders wegen der Teuerung nicht geht», wie Sprecherin Livia Leykauf sagt. Viele Leute wären sozialhilfeberechtigt, nehmen diese aber nicht an, deshalb seien sie froh, wenn sie günstig bei Caritas einkaufen könnten.
Secondhand boomt in der Schweiz.
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