Schulzeugnis: «Die Jungs, die früher schlechte Noten hatten, sind nun Geschäftsführer»

Publiziert

Schulzeugnis«Die Jungs, die früher schlechte Noten hatten, sind nun Geschäftsführer»

Swisscom vergibt Lehrstellen, ohne auf Noten zu schauen. Das eckt an. Leser und Leserinnen erklären, warum sie trotz schlechten Leistungen in der Schule Erfolg im Beruf haben.

1 / 7
Nicht bei allen Schülerinnen und Schülern sieht das Zeugnis so toll aus wie hier im Bild. 

Nicht bei allen Schülerinnen und Schülern sieht das Zeugnis so toll aus wie hier im Bild. 

ZSZ
Die Leserschaft erzählt, wie sie früher in der Schule abschnitt – und was aus ihr geworden ist.

Die Leserschaft erzählt, wie sie früher in der Schule abschnitt – und was aus ihr geworden ist.

20min/Simon Glauser
Einige machten trotz schlechten Noten beruflich Karriere.

Einige machten trotz schlechten Noten beruflich Karriere.

20min/Simon Glauser

Darum gehts

Wie wichtig ist das Schulzeugnis, wenn es um die Suche einer Lehrstelle geht? Und findet man auch einen Job, wenn die Noten nicht so gut sind? Diese Fragen beschäftigen die Leserschaft von 20 Minuten.

Das zeigen diverse Rückmeldungen an die Redaktion auf die Meldung, dass Swisscom Lehrstellen vergibt, ohne auf Noten zu schauen. Das sind die spannendsten Aussagen der Leserinnen und Leser dazu.

CEO trotz schlechter Noten

Im Umfeld von Leser M.* (45) sind gerade die Menschen erfolgreich, die früher schlechte Noten hatten:
«Als ich in der Sekundarstufe war, gab es einige Jungs, die eher schlechte Noten hatten. Jetzt haben sie aber alle ein eigenes Unternehmen oder sind Geschäftsführer. Solche Beispiele kenne ich einige. Die Erfahrung zeigt: Wenn man etwas gerne macht, ist man auch gut darin.»

Erfolg nach Schul-Rausschmiss

Leser F. (27) flog aus der Schule und arbeitet nun bei einem der grössten Wirtschaftsprüfer:
«Ich bin als Kriegsflüchtling aus dem Kosovo in die Schweiz gekommen, und meine fünf Geschwister und meine alleinerziehende Mutter hatten es nicht einfach. In der Schule war ich der Witzbold. Ich spürte kein Vertrauen von den Lehrern, hatte viele Gespräche mit Schulpädagogen und flog am Ende von der Schule – weil ich wohl nicht ins Schema passte und angeblich an ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung) litt. Als ich danach eine Lehre abschloss, sagte ein ehemaliger Lehrer zu mir: Immerhin hast du das geschafft, zu mehr wird es wohl nicht reichen. Zehn Jahre später machte ich einen Hochschulabschluss. Nun bereite ich mich auf die duale Ausbildung als Wirtschaftsprüfer bei einem der grössten Wirtschaftsprüfer vor. Also, bleibt dran! Schlechte Schulnoten spiegeln nicht unbedingt euer Können wider – manchmal ist es lediglich das Spiegelbild eurer Lehrpersonen.»

Mühe bei Prüfungen, heute Geschäftsführer

Sein Zeugnis findet M.* (41) nicht mehr, dafür leitet er heute ein Unternehmen:
«Die Schule war für mich immer herausfordernd, Prüfungen bereiteten mir Mühe. Nach der Lehre hat mir ein Unternehmen eine Chance gegeben und mich gefördert. So war ich motiviert. Heute bin ich 40 Jahre alt und Geschäftsführer eines 50-Personen-KMUs. Zudem habe ich mehrere Weiterbildungen gemacht. Mein Zeugnis finde ich (wahrscheinlich gewollt) nicht mehr. Die Noten waren jeweils vier bis 4,3 über alle Jahre hinweg.»

Hoher Lohn trotz fehlendem Abschluss

W.* (39) zeigt sein Zeugnis seinen Kindern lieber nicht, verdient heute aber 100’000 Franken pro Jahr:
«Bei mir stand im Zeugnis: keine Note möglich wegen zu vieler Absenzen. Das neunte Schuljahr habe ich nicht abgeschlossen. Trotzdem habe ich eine Lehre erhalten, nun verdiene ich über 100’000 Franken pro Jahr. Meine Zeugnisse zeige ich aber niemandem – vor allem nicht meinen Kindern. Heute ist es auf dem Arbeitsmarkt aber auch viel schwieriger als Anfang der 2000er-Jahre.»

«Schulnoten haben bis heute eine hohe Bedeutung»

Die Karriereberaterin Renate Köster erklärt im Interview mit 20 Minuten, wie wichtig Schulnoten in der heutigen Berufswelt sind.

Die Karriereberaterin Renate Köster erklärt im Interview mit 20 Minuten, wie wichtig Schulnoten in der heutigen Berufswelt sind.

Privat

Frau Köster, was haben Schulnoten in der heutigen Berufswelt für eine Bedeutung?
Schulnoten haben bis heute eine hohe Bedeutung. Qualifikationen, die durch Noten bewertet werden, sind immer noch Voraussetzung für eine bestimmte Position. Allerdings sind Soft Skills wie emotionale Intelligenz, Kreativität, Selbstmanagement und noch einige mehr in unserer neuen Berufswelt essenzieller denn je.

Swisscom schaut bei der Lehrstellenvergabe nicht mehr auf die Noten (siehe Box). Was halten Sie davon?
Swisscom hat sich für eine Lehrstellenvergabe entschieden, bei der «Future-Skills» eine wichtige Rolle spielen. Dies sind Eigenschaften, die weniger mit schulischen Qualifikationen zu tun haben, sondern im Arbeitsalltag von entscheidender Bedeutung sind und als wichtig erachtet werden, wie zum Beispiel Empathie, Kreativität, Urteilsvermögen, Problemlösungskompetenz und Selbstmanagement. Das finde ich vorbildlich.

Swisscom vergibt Lehrstellen, ohne auf Noten zu schauen

Was raten Sie Bewerberinnen und Bewerbern, die wegen schlechter Noten im Schulzeugnis abgelehnt werden?
Ich empfehle ihnen, auf ihre persönlichen Qualitäten aufmerksam zu machen und Basis-Kompetenzen wie Offenheit, Teamfähigkeit, Organisationstalent und Zuverlässigkeit zu erwähnen. Diese Fähigkeiten werden in den nächsten Jahren im Berufsleben immer wichtiger – über alle Branchen und Industriezweige hinweg. 

Keine News mehr verpassen

Mit dem täglichen Update bleibst du über deine Lieblingsthemen informiert und verpasst keine News über das aktuelle Weltgeschehen mehr.
Erhalte das Wichtigste kurz und knapp täglich direkt in dein Postfach.

Deine Meinung

105 Kommentare