«Ich bin nicht Charlie»: Die Komplizen des Attentäters von Nizza

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«Ich bin nicht Charlie»Die Komplizen des Attentäters von Nizza

Mohamed Lahouaiej Bouhlel war doch kein Einzeltäter. Wer sind die fünf Verdächtigen, die verhaftet wurden? Der französische Staatsanwalt liefert Antworten.

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Die Ermittlungen in Frankreich laufen nach dem Blutbad von Nizza auf Hochtouren. Lange ging man davon aus, dass der als Täter identifizierte Mohamed Lahouaiej Bouhlel allein gehandelt habe. Doch nun steht nicht nur fest, dass er die Tat mehrere Monate zuvor geplant hatte, sondern auch, dass mindestens fünf Personen mit ihm zusammengearbeitet haben. Vier Männer und eine Frau wurden in Untersuchungshaft genommen, gegen sie wurde ein Verfahren eröffnet.

In der Nacht auf Freitag gab der französische Staatsanwalt François Molins Einzelheiten der Ermittlung bekannt. «Die Untersuchungen seit der Tatnacht konnten nicht nur die vorsätzliche Natur des Attentats bestätigen, sondern auch etablieren, dass Mohamed Lahouaiej Bouhlel von der Unterstützung und Mittäterschaft bei der Vorbereitung und dem Begehen der strafbaren Tat profitiert hat», wird Molins von «Nice Matin» zitiert.

Den Geheimdiensten nicht bekannt

Allen fünf Personen wird Beihilfe bei einem terroristischen Akt vorgeworfen. Sie alle hatten mit Bouhlel Kontakt, bevor dieser einen LKW in eine Menschenmenge fuhr und 84 Menschen tötete. Und alle fünf waren «den Geheimdiensten nicht bekannt», so Molins. Einer der Verhafteten soll am Tag nach dem Anschlag an den Tatort zurückgekehrt sein, um zu filmen, schreibt die BBC. Und nur einer der fünf war vorbestraft. Das sind die Verdächtigen:

Extremisten-Miliz IS bekennt sich zum Anschlag in Nizza

Ramzi A.: Empfänger der letzten SMS-Nachricht Der in Nizza geborene 22-Jährige wurde am Samstag verhaftet. Zwischen April 2013 und Mai 2015 wurde der Franko-Tunesier wegen Diebstahl-, Gewalt- und Rauschgiftdelikten insgesamt sechsmal verurteilt.

In den Minuten vor dem Attentat erhielt er zwei SMS von Bouhlel, in denen sich der Täter für die Pistole bedankt, die A. ihm am Vorabend gegeben hatte. Ausserdem erwähnt er fünf andere Waffen, meldet der TV-Sender ABC. Bei einer Hausdurchsuchung wurden über 2500 Euro in bar und 200 Gramm Kokain gefunden. Am Mittwoch, 20. Juli, wurden bei einer weiteren Durchsuchung eine Kalaschnikow und Munition im Keller eines Bekannten von A. gefunden. Für welchen Zweck die Waffe gedacht war, ist unklar.

Das albanische Ehepaar Artan H. und Enkeledja Z. In den Verhören enthüllte Ramzi A., wer ihm die Pistole mit dem Kaliber 7,65 gegeben hatte, mit der Bouhlel die Polizisten erschoss. Es soll Artan H. gewesen sein, ein 38-jähriger Albaner, der seit Sonntag mit seiner Frau, der 42-jährigen Enkeledja Z., in Haft sitzt. Sie besitzt sowohl die albanische als auch die französische Staatsbürgerschaft.

Chokri C. sass im LKW Der am Sonntag verhaftete 37-jährige Chokri C. schickte am 4. April über Facebook eine Nachricht an Bouhlel: «Belade den LKW mit 10'000 (!) Tonnen Eisen und löse die Bremsen.» Videoüberwachung zeigt den Tunesier nur wenige Stunden vor dem Attentat mit Bouhlel im LKW, mit dem kurz später 84 Menschen zu Tode gefahren wurden. Spuren seiner DNA fanden die Ermittler an der Beifahrertür. Zudem gab es 450 telefonische Kontakte zwischen ihm und dem Terroristen.

Mohamed Oualid G. und die 1278 Telefonate Der am Freitag verhaftete 40-jährige Franko-Tunesier lebt schon seit mehreren Jahren in Nizza. Zwischen Juli 2015 und Juni 2016 telefonierten Bouhlel und der 40-jährige Franko-Tunesier ganze 1278-mal miteinander. Zudem wurde auf Bouhlels Handy eine Nachricht vom 10. Januar 2015 von Oualid gefunden, ein Jahr nach dem Anschlag auf das Satiremagazin «Charlie Hebdo». Die Nachricht enthält neben dem Hashtag «I am Charlie» die folgende Nachricht: «Ich bin nicht Charlie ... Ich bin froh, dass sie Allahs Soldaten holten, um den Job zu erledigen.»

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