Steuerstreit«Die Konsequenzen sind schwierig abzuschätzen»
Flughafendirektor Jürg Rämi bezieht Stellung zum Steuerstreit mit Frankreich, der auf dem EuroAirport zu Jobverlusten und dem Abgang von Billigairlines führen könnte.
- von
- Lukas Hausendorf

Flughafendirektor Jürg Rämi stehen turbulente Zeiten bevor, wenn Frankreich im Steuerstreit mit der Schweiz nicht einlenkt.
Die französische Regierung will auf dem Territorialprinzip beharren und französisches Steuerrecht für den gesamten Flughafen geltend machen. Was für Konsequenzen hätte das für den EuroAirport?
Jürg Rämi: Die Konsequenzen sind schwierig abzuschätzen. Das hängt von den Reaktionen der einzelnen Schweizer Unternehmen im Schweizer Sektor ab. EasyJet hat bereits einen Investitionsstopp am EuroAirport angekündigt.
Der Steuerstreit am Flughafen dauert schon länger an und muss möglicherweise vor dem internationalen Gerichtshof geklärt werden. Das schafft Unsicherheit über den Status des Euroairports. Spüren Sie davon schon erste negative Folgen?
Eine erste negative Folge ist die Ankündigung EasyJets. Als Flughafenbetreiber sind wir binational und gehen davon aus - wie in der Vergangenheit bei der Klärung der Arbeitsrechtfrage - dass eine Lösung im Interesse von beiden Seiten noch gefunden wird.
Unter französischem Recht würden die Flugpreise steigen, heisst es. Wäre das das Ende der Billigflüge, die am Euroairport mehr als die Hälfte des Angebots ausmachen?
Zurzeit können wir das nicht abschätzen. Wir glauben aber, dass es nicht so weit kommen wird.
Auf dem Flughafen sind zahlreiche Unternehmen im Schweizer Sektor angesiedelt, die rund 4500 Leute beschäftigen. Es wird befürchtet, dass ein Grossteil davon verschwindet, wenn die französische Flagge wehen würde.
Es ist klar, dass der Standort EuroAirport eine grosse wirtschaftliche Bedeutung für die ganze Region hat. Hier sind mehr als 5900 Arbeitsplätze angesiedelt und zwei Drittel davon kommen Frankreich zugute. Es ist für mich unvorstellbar, diesen volkswirtschaftlichen Faktor ausser Acht zu lassen.
Als Flughafenchef sind Sie der Direktbetroffene des politischen Powerplays zwischen Paris und Bern. Wie geht es Ihnen dabei?
Die allfälligen politischen Diskussionen werden auf Stufe des Flughafenverwaltungsrats geführt. Seit 1946 besteht die Win-Win-Situation an diesem binationalen Flughafen darin, dass Investitionen im Schweizer Sektor Arbeitsplätze in Frankreich generiert haben. Es ist für mich schwierig nachzuvollziehen, dass dieser Grundsatz, der seit knapp 70 Jahren Frucht getragen hat für Frankreich und für die Schweiz im Sinne von Arbeitsplätzen, Investitionen und Entwicklung der Standortsattraktivität, auf einmal über Bord geworfen wird.
Glauben Sie noch daran, dass Frankreich einlenken wird und weshalb?
Im Sinne von der 2012 unterzeichneten Vereinbarung «Accord de Méthode», die dem Arbeitsrecht für Schweizer Unternehmen im Schweizer Sektor einen gesicherten Rahmen gegeben hat, gehen wir davon aus, dass eine gewinnbringende Lösung für beiden Seiten noch gefunden wird.
Paris schielt auf Steuereinnahmen
Der seit längerem andauernde Steuerstreit auf dem EuroAirport Basel-Mülhausen scheint immer weiter von einer Lösung entfernt zu sein. Wie die «Basler Zeitung» am Mittwoch berichtete, behält sich Paris einseitige Massnahmen vor, auf dem Schweizer Sektor französisches Recht geltend zu machen. Das hat die Zeitung aus dem Umfeld des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) erfahren. Würde der Schweizer Sektor, auf dem rund 80 Prozent des Umsatzes am Flughafen erwirtschaftet werden, von Frankreich besteuert, drohen sowohl Arbeitsplätze wie auch die Billigflieger zu verschwinden. Denn die höheren Luftfahrttaxen würden letzteren das Geschäft kaputt machen. Die Billig-Carrier wie EasyJet machen mehr als die Hälfte des Passagiervolumens am binationalen Flughafen auf französischem Territorium aus. Kommt es im Steuerstreit nicht zu einer einvernehmlichen Lösung, kommt der Fall vor den Internationalen Gerichtshof. So sieht es der Staatsvertrag von 1949 vor.