Frauenhandel«Die Loverboy-Taktik ist eine typische Methode»
Eine junge Rumänin sucht die grosse Liebe und landet fast als Prostituierte in der Schweiz. Sie wurde gerettet – doch viele andere teilen ihr Schicksal, sagt Nina Lanzi.
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Die jungen Frauen werden im Westen zur Prostitution gezwungen.
Nina Lanzi*, in Spanien wollten Männer eine junge Frau aus Rumänien an einen Frauenhändler in der Schweiz verkaufen. Einer von ihnen spielte ihr die grosse Liebe vor. Überrascht Sie dieses Vorgehen?
Wir sind nicht erstaunt. Die Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ) kennt die sogenannte Loverboy-Taktik aus anderen Fällen und Berichten als typische Methode zur Täuschung von jungen Frauen.
Wieso fallen Frauen auf diese Masche rein?
Rumänien ist eines der ärmsten Länder Europas. Gerade junge Menschen haben dort kaum Zukunftsperspektiven. Den Frauen wird vorgespielt, dass sie gemeinsam mit ihrem Freund ein besseres Leben in einem anderen Land aufbauen. Wieso sollte ihnen etwas an dieser Idee suspekt sein?
Ist Rumänien ein typisches Ziel von Frauenhändlern?
Gemäss den Fällen, die von der FIZ behandelt werden, gehört Rumänien zu jenen Ländern, welche durch eine verhältnismässig hohe Fallzahl auffallen. Pro Jahr handelt es sich um rund 20 Fälle von rumänischen Opfern. Das sind jedoch nur die identifizierten Opfer. Überall dort, wo die Strafverfolgungsbehörden ihre Aktivitäten gegen Menschenhandel verstärken, steigen die Fallzahlen.
Weshalb ist es so schwierig, den Menschenhändlern das Handwerk zu legen?
Die Frauen befinden sich in einer Zwangslage, werden von den Tätern bedroht. Es kommt selten vor, dass sie von sich aus Hilfe suchen. Es braucht deshalb sensibilisierte Menschen, insbesondere auch spezialisierte Polizisten. Über die Hälfte unserer Fälle werden von der Polizei und der Justiz identifiziert.
Nimmt der Frauenhandel in der Schweiz zu oder ab?
Die Anzahl Fälle von identifizierten Opfern von Frauenhandel hat zugenommen. Das bedeutet aber nicht zwingend, dass Frauenhandel zugenommen hat, sondern dass durch vermehrte Sensibilisierung und aktive Ermittlungsarbeit mehr Fälle von Frauenhandel erkannt werden.
Wo finden die Frauen in der Schweiz Hilfe?
In der Deutschschweiz werden bei der FIZ Makasi, einer spezialisierten Interventionsstelle für Opfer von Frauenhandel, opferrechtliche Beratung, Schutz und Unterstützung geboten. In der Romandie sind dies Coeur de Grottes in Genf und Astree in Lausanne.
*Nina Lanzi arbeitet bei der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ). Die FIZ nimmt gerne Spenden an.