Forderung«Die Reitschule muss geschlossen werden»
Nach dem Angriff auf die Polizeiwache reagieren Berner Politiker. FDP und SVP fordern die temporäre Schliessung der Reitschule.
- von
- Nora Camenisch/Mira Weingartner
Die Attacke auf die Berner Polizeiwache am Waisenhausplatz in der Nacht auf Samstag hat Politiker auf den Plan gerufen. Die städtische FDP spricht von «gezielten Attacken gegen wichtige Pfeiler der Demokratie». In einer Mitteilung schreibt sie: «Offensichtlich dient die Reitschule als Rückzugsort linker, gewaltbereiter Extremisten. Seitens der Betreibergemeinschaft Ikur wird dieser Umstand wort- und tatenlos toleriert.» In einer dringlichen Motion verlangt die FDP nun die temporäre Schliessung der Reitschule – so lange, bis die Betreiber geeignete Sicherheitsmassnahmen umgesetzt haben.
Die Reitschule soll einen von der Stadt anerkannten Sicherheitsdienst engagieren. Zudem sollen sich die Reitschulbetreiber schriftlich bereiterklären, auf Verlangen der Kapo die Tore innert Minutenfrist zu schliessen.
Vorstösse auch im Grossen Rat
Unterstützung erhalten die Freisinnigen von der Seite der SVP: Am 26. Februar steht eine von Erich Hess vorläufig verfasste Motion «Leistungsvertrag mit der Reitschule kündigen» auf dem Traktandum der Stadtratssitzung. Die Vorfälle vom Wochenende hätten ihm in die Karten gespielt, meint Hess, und hofft nun auf baldiges Lichterlöschen.
Auch im Grossen Rat wird die Angelegenheit von Parteikollegen thematisiert: Thomas Fuchs spricht in seinem Vorstoss von «Zuständen wie im Krisengebiet», Lars Guggisberg möchte wissen, weshalb vermummte Personen nicht festgenommen wurden.
«Kein Zusammenhang mit der Reitschule»
Dazu sagt die Berner Politikerin Leena Schmitter vom Grünen Bündnis: «Die Bürgerlichen werden nun laut und nutzen die Gelegenheit, ihre überholten Forderungen durchzusetzen.» Man habe beinahe das Gefühl, die Reitschul-Gegner würden auf solche Vorfälle hoffen.
Den Zusammenhang mit der Reitschule sehe sie zudem nicht. Berichtet werde immer nur über das Negative: «Dennoch hat die Stadtbevölkerung in den letzten Jahren immer wieder gezeigt, dass sie hinter den kulturellen Arbeiten der Reitschule steht.»
Weitere Gruppierungen mobilisiert
«Mit einer Schliessung bringt man das Gewaltproblem nicht weg, es wird höchstens verdrängt», sagt auch Stadtpräsident Alexander Tschäppät. Ausserdem würden damit Leute bestraft, die nicht gewalttätig seien. Eine Schliessung könne aber weitere Auswirkungen haben: «Im Moment der Schliessung könnten gewaltbereite Gruppierungen aus anderen Städten mobilisiert werden», befürchtet Tschäppät. «Davor habe ich ziemlich Respekt.»
Eine kurzfristige Patentlösung für das Problem gebe es nicht. «Der noch nicht politisch verabschiedete Leistungsvertrag ist die Gelegenheit, um über Anpassungen zu diskutieren.» Man sei daran, ein Sicherheitskonzept zu erarbeiten. Dieses sieht auch Zutrittskontrollen zu Veranstaltungen vor. Zudem müsse der Informationsfluss mit der Ikur verbessert werden. «Es ist aber eine Illusion zu glauben, dass sich gewaltbereite Menschen durch Verträge abhalten lassen. Präventiv wäre es am besten, wenn die Polizei die Verantwortlichen identifizieren und vor Gericht stellen würde.»
Vorplatz der Reitschule als Rückzugsort
Eine Gruppe Vermummter hatte in der Nacht auf Samstag die Polizeiwache der Kapo am Berner Waisenhausplatz angegriffen. Die Krawallmacher warfen Farbbeutel, beschmierten das Polizei-Gebäude und demolierten Fahrzeuge. Ebenfalls von Sachbeschädigungen betroffen war das Regionalgefängnis. Ein Polizist wurde durch einen Flaschenwurf verletzt. Die Polizei setzte Gummischrot ein, woraufhin sich die Angreifer zurückzogen. Laut Kapo wählten sie den Vorplatz der Reitschule als Rückzugsort.