Die Schweizer Atomgegner halten sich im Hintergrund

Aktualisiert

Die Schweizer Atomgegner halten sich im Hintergrund

20 Jahre nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl halten sich militante Atomgegner auf der Schweizer Politbühne im Hintergrund.

Dies könnte zum Schluss führen, der Widerstand gegen die Kernkraft sei kleiner geworden. So sicher ist das aber nicht.

Vier Mal habe das Schweizer Stimmvolk sich an der Urne gegen einen Ausstieg aus der Kernenergie ausgesprochen. Und noch nie sei das Nein so klar ausgefallen wie beim letzten Mal, sagt Josef Schib, Sprecher des Kernkraftwerks Beznau im aargauischen Döttingen. Tschernobyl sei mittlerweile Geschichte.

Und angesichts des Erfolges der Kernenergie werde es für die Gegner schwieriger, zu überzeugen. Jürg Burri, Direktor der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES), spricht von einer Demotivation nach dem Nein zu den Volksinitiativen für den Ausstieg aus der Kernenergie und ein Moratorium für neue Kernkraftwerke im Jahr 2003. Aber die Anti-AKW-Bewegung ruhe nur, betont er.

Nachdem die Axpo letztes Jahr Pläne für ein neues Kernkraftwerk publik gemacht hatte, stellte die SES auf ihrem Spendenbarometer eine Tendenz nach oben fest. «Wir sind daran, einen Vorrat anzulegen, um das Projekt zu bekämpfen, sobald es konkret wird», sagt Burri. Der Widerstand gegen die Kernenergie sei zurzeit in der öffentlichen Diskussion kaum präsent, weil er nicht nötig sei.

Andere Energien fördern

Auch für den Verein «Strom ohne Atom», der aus dem Initiativkomitee für das inzwischen abgelaufene Moratorium für den Bau neuer Kernkraftwerke hervorging, ist die Opposition intakt. Das Gewicht habe sich einfach vom Widerstand gegen Kernenergie zur Förderung erneuerbarer Energien und der Energieeffizienz verschoben, sagt Vizepräsident Christian van Singer.

Ein neues Kernkraftwerk würde heute genauso abgelehnt wie 1988 das Projekt in Kaiseraugst AG, sagt er. Ganz anderer Meinung ist der Ingenieur und Waadtländer alt FDP-Nationalrat Jacques Neirynck: Gebe es Stromsperren oder sehr hohe Strompreise, werde sich das Volk mit einem neuen AKW abfinden.

Die Bevölkerung verhalte sich widersprüchlich und ohne Verantwortungsbewusstein, betont Walter Wildi, Präsident der Kommission für die Sicherheit von Kernanlagen (KSA). Das Volk wolle auf Kernkraft nicht verzichten, akzeptiere aber die damit verbundenen Abfälle nicht.

Engagement der Behörden

In den betroffenen Gebieten geht der Widerstand über den Kreis der Ökologiebewussten hinaus. So schlossen sich beide Basel 2005 dem «Schutzverband über die Risiken des französischen Kernkraftwerkes Fessenheim» an.

Dieser wurde nach mehreren Zwischenfällen gegründet, die sich seit 2004 im ältesten Kernkraftwerk von Frankreich ereigneten. Fessenheim ist 40 Kilometer von Basel entfernt.

Mehr Sicherheit

Unter dem Eindruck der Katastrophe von Tschernobyl und dem Reaktorunfall in Harrisburg (USA) von 1979 wurden in den Schweizer Kernkraftwerken laut Schib zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Es gebe laufend Fortschritte und die Anlagen würden von den Behörden genau überwacht.

Auch wenn menschliches Versagen nie ausgeschlossen werden könne, seien die Schweizer Kernkraftwerke genügend sicher. Auch Wildi schätzt das Risiko für einen schweren Unfall als gering ein.

Doch auch wenn die Wahrscheinlichkeit klein sei, könnten die Folgen eines Unfalls immer noch gravierend sein, sagt Wildi. Und Christian van Singer ist überzeugt: «Die Konsequenzen wären derart katastrophal, dass ein Risiko nicht akzeptiert werden kann.» (sda)

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