Spracherkennung: Die Technik versteht jetzt Schweizerdeutsch

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SpracherkennungDie Technik versteht jetzt Schweizerdeutsch

Die Spracherkennung der Firma Spitch versteht als erste Schweizerdeutsch. Bisher kann man aber nur Züritüütsch mit dem PC plappern.

von
T. Bolzern

«Zeig mers Kafi Odeon» oder auch «Ich wott zum Grossmünschter» – bei solchen Sätzen verstehen Siri, Google Now und Cortana nur Bahnhof. Nicht so die Lösung von Spitch. Auf der Karten-App zeigt die Software innert Sekunden die erfragten Orte an. Denn die Spracherkennung des Zürcher Unternehmens ist die erste auf dem Markt, die auch Schweizerdeutsch versteht. Und das funktioniert überraschend gut.

Entwickelt wurde das System zusammen mit der Universität Zürich (UZH). Ein Jahr lang hat man an der Erkennung gefeilt: «Schweizerdeutsch hat zahlreiche Dialekte. Die Sprache existiert nicht in formaler Form und hat keine definierte Grammatik», erklärt Volker Dellwo vom Phonetischen Laboratorium der UZH.

Weitere Dialekte folgen

Zuerst wurde das System mit einer vorhandenen UZH-Datenbank gefüttert. Vorerst erkennt die Software nur Züritüütsch. «Weitere Dialekte sollen bis Mitte 2016 folgen», sagt David Fuss von der Spitch AG. Auch interpretiert das System einfachere Anfragen mehrheitlich anhand von Schlüsselwörtern. Die Aufforderung «Suech mer d'Chilä Fluenterä» wurde in der Karten-App als «ich suäch mägg Kirche Fluntern» interpretiert.

Zuerst wurde das System mit einer vorhandenen UZH-Datenbank gefüttert. Vorerst erkennt die Software nur Züritüütsch. «Weitere Dialekte sollen bis Mitte 2016 folgen», sagt David Fuss von der Spitch AG. Auch interpretiert das System einfachere Anfragen mehrheitlich anhand von Schlüsselwörtern. Die Aufforderung «Suech mer d'Chilä Fluenterä» wurde in der Karten-App als «ich suäch mägg Kirche Fluntern» interpretiert.

Das System ist selbstlernend – wird es mit neuen Daten gefüttert, wird es immer genauer. «Man braucht allerdings grosse Mengen an Sprachdaten. Hilfreich sind dabei vor allem Konversationen aus dem Alltag», sagt Dellwo. Deshalb werde ein Projekt lanciert, um genau solche Alltagsgespräche von Freiwilligen zu erhalten. Da sich die schweizerdeutsche Sprache ständig weiterentwickelt, müsse die Datenbank zudem à jour gehalten werden.

Interesse aus der Branche

Mögliche Einsatzgebiete für die Spracherkennung seien neben mobilen Geräten auch vernetzte Autos oder Callcenter, so Fuss. Bei einem Anruf im Callcenter müsste man sich dank Spitch dann nicht mehr mit dem Ziffernblock durch das ganze Menü wählen, sondern könnte einfach sagen: «Min Router isch kabutt» und würde mit dem Support verbunden, erklärt Fuss.

Das Interesse der Branche sei vorhanden. Laut Fuss stehe man in Verbindung mit mehreren Kunden, konkrete Namen will er aber zurzeit nicht nennen. Der Markt für die Schweizerdeutsche Spracherkennung ist allerdings nicht sehr gross. Deshalb plant Spitch, weitere Sprachen etwa Hochdeutsch zu integrieren.

Und wann spricht der PC Schweizerdeutsch?

Die Software von Spitch beschränkt sich nur auf die Erkennung von Schweizerdeutsch. Doch wäre es auch möglich, dass Computer uns in Zukunft auf Schweizerdeutsch antworten?

«In zwei bis drei Jahren wäre dies denkbar», sagt Johan Wouters von Nuance Communications. Nuance ist einer der führenden Anbieter von Sprachverarbeitungslösungen. Weltweit sind rund 130 Millionen Autos mit der Technologie von Nuance ausgerüstet, auch TV-Geräte von Panasonic sowie die Sprachausgabe von Samsung-Handys basieren auf der Technologie der Firma.

Doch eine Computerstimme zu machen, ist aufwendig: Zuerst werden alle möglichen Lautkombinationen einer Sprache errechnet. «Dann sitzt der Sprecher bis zu 80 Stunden im Studio und liest Sätze vor», erklärt Dominic Schnyder, der zuständig für die Sprachsynthese ist. Schliesslich dampft ein Algorithmus die Aufnahmen wieder auf die die einzelnen Laute ein. Der Prozess lohnt sich: Bei einer Demo im Sprachlabor in Zürich ist kaum ein Unterschied zu einem menschlichen Sprecher auszumachen.

Eine schweizerdeutsche Computerstimme wäre also theoretisch möglich. Ein konkretes Projekt verfolgen aber sowohl Nuance wie auch Spitch nicht.

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