Autoversicherungen: «Die Treuen sind die Dummen»

Aktualisiert

Autoversicherungen«Die Treuen sind die Dummen»

Die Prämien für Autoversicherungen sind gesunken. Profitieren kann jedoch nur, wer wechselt. Treue Kunden bleiben dagegen auf hohen Prämien sitzen.

von
Othmar Bamert
Nicht träge werden: Wer den Versicherungsmarkt im Auge behält, spart Geld.

Nicht träge werden: Wer den Versicherungsmarkt im Auge behält, spart Geld.

Die Prämien für Autoversicherungen sind in den letzten Jahren ins Rutschen geraten. Eine Untersuchung des Internet-Vergleichsdienstes Comparis für den Zeitraum 2007 bis 2010 zeigt: Wer vor drei Jahren eine Autoversicherung abschloss, bezahlte im Schnitt fast 500 Franken jährlich oder 55 Prozent mehr, als wenn er heute die günstigste Versicherung wählen würde. Mit einer Kaskoversicherung sind die Preisunterschiede sogar noch grösser.

Von den Preissenkungen profitieren kann allerdings nur, wer die Versicherung wechselt. Jene, die bleiben, bezahlen laut Comparis weiterhin die Prämie basierend auf der Tarifberechnung von vor drei Jahren. Bei den bisherigen Kunden lassen die Versicherungen die teuren Verträge also klammheimlich weiterlaufen. «Die Treuen sind die Dummen», sagt dazu Comparis-Geschäftsführer Richard Eisler.

Die Schweizer sind träge

Anscheinend gibt es diesbezüglich viele Dumme in der Schweiz. Der Wechsel ist hierzulande nämlich noch die grosse Ausnahme. Eine repräsentative Umfrage von Comparis zeigt, dass 2009 lediglich 7 Prozent der Autofahrer die Versicherung gewechselt haben. Innerhalb der EU liegt der Wert bei einem Viertel, in Grossbritannien änderten 2008 gar 46 Prozent die Versicherung.

Das Problem in der Schweiz: Viele Versicherte können gar nicht wechseln, auch wenn sie wollten. Denn wer nicht aufpasst, unterschreibt meist einen langjährigen Vertrag. «Dreijahresverträge sind die Norm», bestätigt Olivier Michel, Mediensprecher der Versicherung AXA-Winterthur. Innerhalb der Vertragslaufzeit wechseln kann nur, wer auch das Auto wechselt oder in einen Schadensfall verwickelt ist.

Jährliches Kündigungsrecht aushandeln

Das dreijährige Korsett lässt sich laut Eisler aber vermeiden: «Wer von den sinkenden Preisen profitieren will, muss explizit einen Einjahresvertrag oder ein jährliches Kündigungsrecht aushandeln». Einjährige Verträge seien nicht teurer als Dreijahresverträge. Dies bestätigt auch AXA-Sprecher Michel.

Um innerhalb der Vertragslaufzeit trotzdem von Prämiensenkungen zur profitieren, hilft laut einem Eingeweihten manchmal ein Trick: Man beantrage eine Änderung im Vertragsinhalt - zum Beispiel die Entfernung des Zusatzes gegen Marderschaden. Bei einigen Versicherungen wird darauf das ganze Leistungspaket automatisch neu berechnet – zu den aktuellen, (hoffentlich) tieferen Preisen.

Rabatte aushandeln

Noch ein Tipp von den professionellen Vergleichern: Verhandeln. «Wir hören immer wieder von Usern, dass sie, nachdem dem Versicherungsagenten günstigere Konkurrenzofferten vorlegt wurden, Rabatte erhalten hätten», so Eisler. Stephanie Walpen, Mediensprecherin der Mobiliar, bestätigt dies: «Unsere Generalagenturen haben die Möglichkeit, in eigener Kompetenz individuelle Prämienrabatte zu gewähren, um noch gezielter auf den Markt zu reagieren.» Der Handlungsspielraum bleibt jedoch Geheimsache.

Wechselflut lässt Administrativaufwand steigen

Dass die Versicherungen kaum Freude an kurzen Vertragslaufzeiten und regen Wechselaktivitäten haben, liegt auf der Hand. Denn damit sinken die Margen und steigen die Administrativkosten. Und damit steigen letztlich auch die Prämien. Trotzdem wäre etwas mehr Bewegung im Gewerbe gut für die Konsumenten, findet Comparis-Geschäftsführer Eisler. «Wenn die Kunden nicht vergleichen und wechseln, herrscht auch kein Wettbewerb in der Branche», fügt er an.

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