Fifa-Debatte: Die verdächtigsten Sieger des Jahres

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Fifa-DebatteDie verdächtigsten Sieger des Jahres

Die Vergabe der Fussball-Weltmeisterschaften ist wie Radsport: Russland und Katar stehen unter Generalverdacht – feiern aber trotzdem.

Patrick Toggweiler
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Patrick Toggweiler

«Die sind eh alle gedopt», heisst es im Volksmund, wenn sich Andy Schleck, Alberto Contador oder Ivan Basso am Col de la Colombière Duelle liefern. «Die sind eh alle korrupt», heisst es nun, nachdem die verbliebenen 22 Exekutivmitglieder der Fifa bestimmt haben, dass die Fussball-Weltmeisterschaften 2018 und 2022 in Russland und Katar stattfinden.

Gegen sechs der einst 24 Mitglieder des Exekutivkomitees besteht Verdacht, in korrupte Machenschaften verwickelt zu sein. Vier davon steuern noch heute die Geschicke des wichtigsten Spiels auf diesem Planeten. Man könnte auch die überführten Dopingsünder Floyd Landis, Alexander Winokourow und Alberto Contador in den Vorstand des internationalen Radsportverbandes berufen – mit Lance Armstrong als Präsident.

Als die Anhänger dem Radsport ob der vielen Dopingfälle langsam den Rücken kehrten, wurde 2006 der Ethik-Code erfunden. Geändert hat sich seither wenig; zuverlässig liefert der Radsport Dopingsünder – zuletzt Tour-Sieger Contador. 2006 schuf auch die Fifa ihre Ethik-Kommission. Tätig wird sie nach den jüngsten Enthüllungen aber nicht wirklich. Darüber habe bereits ein Gericht in Zug entschieden, kein Mitglied sei verurteilt worden, heisst es seitens der Fifa. Dass das Gericht aber bestätigte, man könne tatsächlich von «Schmiergeld» sprechen, der Fussballweltverband aber unter Vereinsrecht fällt, wo solche Zahlungen keinen Rechtsbruch darstellen, wird verschwiegen.

Zynismus und (gespielte?) Naivität

Vor der Wahl hatte Russlands Strippenzieher Putin sich noch geweigert, die Schweiz zu besuchen - die Wahl sei «skrupellos» und es gebe «unlautere Absprachen». Jetzt sitzt er bereits im Flieger nach Zürich und wird um 21.00 Uhr in Oerlikon erwartet - die Situation entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

Hinweise, dass es weitere faule Äpfel unter den 22 verbliebenen Mitgliedern des Exekutivkomitees gibt, liefern die von der «Sunday Times» versteckt gefilmten Aussagen des Schweizer Fifa-Vertrauten Michel Bacchini, der den getarnten Journalisten Käuflichkeit von verschiedenen Mitgliedern in Aussicht stellte. Da macht es Sinn, dass die englische Delegation ausgerechnet David Beckham auf die Frage antworten liess, ob man denn ins Wahlgremium vertrauen habe. Ihm nimmt man die Naivität ab, darauf die strategisch kluge wohlwollenden Antwort zu geben. Ein sauberes Fifa-Exekutivkomitee scheint etwa so realistisch wie ein sauberes Fahrerfeld an der Tour der France.

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