BurmaDie Wahl ohne Hoffnung
Für die Militärregierung in Burma ist die Wahl am Sonntag ein historischer Schritt auf dem Weg zu einer Demokratie. Die Menschen machen sich dagegen keine Illusionen.
- von
- Aung Hla Tun
- Reuters

Die Union Solidarity and Development Party, der politische Arm des Militärregimes, macht Wahlwerbung in der burmesischen Metropole Rangun.
Mindestens 28 Millionen Wahlberechtigte dürfen teilnehmen, und die wenigsten erwarten, dass sich mit dem ersten Urnengang seit zwei Jahrzehnten etwas in ihrem Land ändert. «Ich denke, das Ergebnis steht sowieso schon fest», sagt die Buchhalterin Yin Yin aus der grössten Stadt des Landes, Rangun.
Noch immer ist die Erinnerung an die Wahl vor 20 Jahren frisch. Damals besiegte die Opposition die Vertreter der Junta, doch die Generäle weigerten sich, ihre Macht abzugeben und regieren seitdem weiter mit eiserner Hand.
Viele Bürger machen sich deswegen keine Illusionen. «Ich habe Jahre damit verschwendet, auf eine bessere Zukunft zu hoffen. Ich will nur noch einen Reisepass, um auszuwandern und ein neues Leben zu beginnen», sagt der 42-jährige Elektroingenieur Myint Kyi. Zwar treten zur Wahl mehrere Parteien an. Doch die Opposition ist anders als 1990 weitgehend unbekannt und hat zudem kaum Geld.
Suu Kyi boykottiert die Wahl
Die Nationale Liga für Demokratie, die die Wahl vor 20 Jahren deutlich gewann, boykottiert diesmal die Entscheidung. Die Wahlen sind nach Ansicht ihrer Vorsitzenden, der Friedensnobelpreisträgern Aung San Suu Kyi, nicht fair und frei. Diese Auffassung teilen die Vereinten Nationen, Menschenrechtler und zahlreiche westliche Regierungen.
Zwei Tage vor den Wahlen haben Oppositionelle am Freitag in Rangun Poster mit ihrem Bild aufgehängt. «Suu Kyi hat ihren Wahlzettel durchgestrichen» stand auf einem der Poster. Aung San Suu Kyi steht weiter unter Hausarrest. Dieser sollte eigentlich am 13. November enden, in vergangenen Jahren hat ihn die Junta aber jeweils wenige Tage vor Ablauf verlängert.
Wenig Interesse der Bevölkerung
Die beiden von der Regierung gestützten Parteien sind übermächtig: Einige ihrer Kandidaten sitzen bereits als Minister in der Regierung, etliche andere waren früher Generäle der Junta. Zudem sind ein Viertel der Sitze in allen Parlamenten für aktive Offiziere reserviert.
Viele Menschen in Burma interessieren sich ohnehin nicht sonderlich für die Wahl und versuchen, im Alltag zurechtzukommen. 30 Prozent der Bevölkerung lebt in Armut. Die frühere britische Kolonie war einmal der wichtigste Reisexporteur der Welt. Heute liegt das Land durch Sanktionen, jahrzehntelanger Korruption und Misswirtschaft am Boden.
Experten gehen davon aus, dass die Militärregierung eine Öffnung plant, um Investoren ins Land zu holen. Wegen der Behinderungen bei der Wahl und der Inhaftierung von politischen Gegnern gilt es aber als unwahrscheinlich, dass der Westen seine Sanktionen lockern wird.
China als wichtigster Verbündeter
Es bleibt China - nach wie vor der wichtigste Verbündete der Militärregierung im Ausland. Die Regierung in Peking half dem armen Land schon mit Waffen und anderen Gütern, als der Westen Ende der 80er Jahre seine Sanktionen verhängte. Heute fliessen Milliardenbeträge von China nach Burma.
Die Volksrepublik ist besonders an den Energie- und Holzvorräten interessiert und bekommt durch den Nachbarn Zugang zum Indischen Ozean. Die Lage ist auch für die chinesischen Streitkräfte interessant: Im Sommer legten zum ersten Mal zwei Kriegsschiffe aus China in Burma an.
Armut und Menschenrechtsverletzungen
Burma gehört zu den ärmsten Ländern Asiens. Die einstige Kornkammer Südostasiens ist von den Militärs, die das rohstoffreiche Land seit 1962 beherrschen, heruntergewirtschaftet worden.
Burma ist ein Vielvölkerstaat: Die Burmesen machen zwei Drittel der Bevölkerung aus. Die Shan und die Karen (je etwa neun Prozent) sowie Minderheiten wie Rakhine und Mon haben jahrelang bewaffneten Widerstand gegen das Regime geleistet.
Wegen anhaltender Menschenrechtsverletzungen ist Burma im Westen geächtet. Auch wenige Tage vor der Wahl kritisierten Menschenrechtsorganisationen die Militärjunta heftig.
Mindestens 86 000 Angehörige ethnischer Minderheiten in Burma hätten seit August 2009 wegen Krieg und Menschenrechtsverletzungen aus ihren Dörfern fliehen müssen, teilte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mit. Allein im Jahr 2010 wurden demnach mindestens 113 Dörfer ethnischer Minderheiten im Osten Burmas zerstört oder zwangsweise umgesiedelt.
Zivilpersonen seien von Soldaten willkürlich erschossen, Dörfer und Felder beschossen, Schulen, Kirchen und Krankenstationen niedergebrannt worden. Lebensmittel, Saatgut und landwirtschaftliche Geräte seien beschlagnahmt oder geplündert worden. Mindestens 26 000 Karen und 8000 Mon seien vor den Übergriffen geflohen.
Bei den Wahlen würden die Minderheiten ebenfalls diskriminiert, berichtete die GfbV. Mehr als ein Dutzend unabhängigen Parteien der ethnischen Minderheiten wurde demnach von der staatlichen Wahlkommission die Registrierung bei den Wahlen verweigert.
Auch dürften mindestens 2,5 Millionen Shan, Karen und Mon nicht an der Abstimmung teilnehmen, weil die Wahl in 3400 Dörfern aus Sicherheitsgründen abgesagt worden sei. Die Militärjunta, die sich mit der Wahl demokratisch legitimieren wolle, erwirke so den Ausschluss unliebsamer Kandidaten von der Wahl.
Schon vor der Öffnung der Wahllokale seien zahlreiche Übergriffe auf Angehörige von Minderheiten und Unregelmässigkeiten gemeldet worden, so dass man nicht von fairen und demokratischen Wahlen in Burma sprechen könne, kritisiert die GfbV. Die Wahl sei deshalb eine Farce. (sda)