FührungskräfteDie Wirtschaft ist wieder scharf auf Offiziere
Eine Offizierslaufbahn galt in der Privatwirtschaft lange als Karrierekiller. Das ist passé. Auch weil die Armee in den Konzernen für ihre Kader wirbt.
- von
- Stefan Heusser

Offiziere der Schweizer Armee beim Strammstehen.
Lange galt: Unternehmen wollen keine Offiziere. Nicht nur weil diese jedes Jahr einige Wochen fehlen. «Auch der Führungsstil, der früher im Militär gelehrt wurde, war in der Privatwirtschaft nicht mehr gefragt», sagt Balz Stückelberger, Geschäftsführer vom Arbeitgeberverband der Banken in der Schweiz.
Doch neuerdings sind Konzerne offenbar wieder scharf auf Offiziere. In einem Interview mit 20 Minuten sagt Bundesrat Ueli Maurer, der Wind in der Wirtschaft habe gedreht – man erkenne den «Mehrwert der militärischen Ausbildung» wieder an. Stückelberger bestätigt die Trendwende: «Die Ausbildungen der Armee sind viel moderner geworden.» Die Fähigkeiten der Armeekader seien darum in der Privatwirtschaft wieder gefragt.
«Skepsis verschwindet»
Projektmanagement, Kommunikation und Teambildung werden heute in der Offiziersschule unterrichtet – dafür gibt es sogar credit points an der HSG. «Ein Offizier kann sich vor Leute hinstellen, unter Druck arbeiten, hat moderne Entscheidungsfindungsmechanismen und strukturiertes Denken gelernt», so Stückelberger Deshalb verschwinde die Skepsis gegenüber der militärischen Führungsausbildung.
Auch die Versicherer profitieren von gut ausgebildeten Offizieren. «Ihre Persönlichkeit wurde geschult und sie haben praktische Führungserfahrungen gesammelt», sagt Sabine Alder vom Schweizerischen Versicherungsverband SVV. Daneben sei auch das Netzwerk nicht zu verachten: «Die Kontakte mit potenziellen Kunden in einem geschäftsunabhängigen Umfeld sind für die Unternehmen wertvoll.» Laut Alder sind die Absenzen zwar ein Nachteil, doch die hohe Belastbarkeit und der ausgeprägte Leistungswille der Armeekader machten das Manko wett.
Ähnlich sieht es Headhunter Emanuel Kessler. Zwar sei noch nie ein Kandidat eingestellt worden, weil er Offizier war. «Doch allfällige WK-Absenzen stellen auch kein Hindernis mehr dar», sagt der Vermittler von Bankführungskräften.
Lunch Events mit ausländischen CEOs
Die Trendwende kommt nicht aus heiterem Himmel. Balz Stückelberger sieht die Gründe dafür in PR-Aktionen der Armee: «Unter Armeechef André Blattmann sucht das Militär seit einigen Jahren verstärkt den Kontakt zur Wirtschaft.» Personalverantwortlichen von Firmen würden dabei an Lunch Events die Vorteile einer Armeeweiterbildung erläutert.
Christoph Brunner vom Verteidigungsdepartement bestätigt, dass das Militär jährlich gegen 20 solcher PR-Anlässe organisiert. «Den Firmen wird dabei erklärt, welchen ‹Rucksack› das Kader mitbringt: Die beste Führungsschule der Schweiz.» Viele Wirtschaftsvertreter – gerade ausländische CEOs – hätten ein «Aha-Erlebnis»: «Da immer weniger Leute direkten Kontakt mit dem Militär haben, wissen sie gar nicht mehr, was wir alles können.»
Wenig beeindruckt von der PR-Offensive gibt sich Nikolai Plawdzic von der GSoA: «Die Armee produziert Kader, die Befehle geben und keinen Widerspruch dulden.» Ob die Wirtschaft Führungskräfte gebrauchen könne, die blind gehorchten und ausführten, sei fraglich.