
Auto-Poser sind Melanie Fankhauser ein Dorn im Auge.
Gegen Auto-PoserDiese Frau kämpft um den Ruf der Autotuning-Szene
Unter dem schlechten Image der Auto-Poser leiden auch die hiesigen Autotuner. Die 34-jährige Melanie Fankhauser organisiert nun Tuner-Treffen, wo das Aufheulen des Motors verboten ist.
- von
- Fabio Simeon / A&W Verlag
Sie sind laut, rücksichtslos und stören das Stadtbild: die Rede ist von den Auto-Posern. Jenen jungen, meist männlichen Individuen, welche mit ihren 500-PS-Sportwagen im Racing-Mode die Innenstadt beschallen – oft ganz legal. Den Behörden bleibt ausser dem Auflösen der unbewilligten Grosstreffen deshalb oft nichts anderes übrig, als zuzuschauen und vor allem zuzuhören. Mit «Auto Poser = Lauter Loser»-Plakaten und vermehrten Verkehrskontrollen an den Hot-Spots appelliert die Polizei an die Vernunft hinter dem Steuer. Schützenhilfe kriegen sie nun aus der Tuning-Szene.
Keine Lust auf laute Auspuffanlagen
Denn aufgrund der vielen Negativschlagzeilen bangen Schweizer Tuner seit längerer Zeit um ihren Ruf, wie Melanie Fankhauser (34), Gründerin Lexuscrew Switzerland, erzählt: «Als ich vor rund einem Jahr unsere Klub-Mitglieder dazu bewegen wollte, an einem Tuning-Treff teilzunehmen, stiess ich auf unerwartete Ablehnung.» Man wolle sich nicht mehr an chaotischen Treffen zeigen, welche von lauten Auspuffanlagen und Burnouts bestimmt werden, meinten viele ihrer Lexus-Kollegen. «Und wenn Menschen mit so viel Benzin im Blut keine Lust mehr auf ein Autotreffen haben, dann läuft etwas schief», so die Solothurnerin weiter.
Mit Hilfe zweier Kollegen (Tom Linder und Andreas Imboden) gründete sie die Social-Media-Gruppe «no.autoposer.treff» mit dem Ziel, ein markenübergreifendes Get-together für Tuning-Freunde zu organisieren. «Es dürfen alle kommen, die sich zu benehmen wissen», so die 34-Jährige. Heisst: Wer ans Treffen will, verpflichtet sich, das Aufheulen des Motors bei der An- und Wegfahrt zu unterlassen. Ebenfalls untersagt sind Burnouts und sogenannte Soundchecks. Zu guter Letzt wird auf Littering geachtet: «Wird Abfall produziert, muss dieser vom Verursacher entsorgt werden», so die Tuningbegeisterte. Wer sich nicht an die Regeln hält, wird bei der Polizei inklusive Nummernschild gemeldet.
Der Arm des Gesetzes rollte auch am letzten «no-Autoposer-treff» auf den Platz. Dieses fand in Zusammenarbeit mit dem Drift-Eventlokal in Kerns statt. Damit die teils spektakulär verbreiterten Autos genügend Platz vorfinden, haben zudem zahlreiche anliegende Unternehmen dem Treffen ihre Parkplätze zur Verfügung gestellt. «Wenn wir eine geeignete Location gefunden haben und vom Grundstückbesitzer grünes Licht erhalten, informieren wir stets die örtliche Polizei über unser Vorhaben», erklärt Fankhauser. Nach einer kurzen Patrouillen-Fahrt vorbei an den rund 100 Tuning-Cars zog der Blaulicht-Volvo wieder von dannen. Obwohl es viel zum Fachsimpeln und Bestaunen gab, verzichteten alle Teilnehmer auf akustische Beiträge ihrer Boliden. Wem vor lauter Gummi, Spoiler und Lufteinlässen dennoch der Bleifuss juckte, der konnte seine Fahrskills in der Full-Motion-Sim-Racing-Anlage im Eventlokal unter Beweis stellen.
Tuning teurer als die Autos selber
Apropos Skills: Vielen Fahrzeugen sieht man das Schrauber-Talent ihrer Fahrer von Weitem an. «Einige Autos, die man hier sehen kann, kosten weniger als ihr Tuning. Über Geld spricht man in der Szene aber wie in der restlichen Schweiz kaum, hier zählen Arbeitsstunden, Know-how und Leidenschaft. Allein das zeigt, dass es den Besitzern meist mehr ums Schrauben als um das Angeben mit dem Fahrzeug geht», erklärt ein Besucher.
Und man darf ihm glauben. Denn Poser haben wir im Gegensatz zur grossen Leidenschaft fürs Automobil keine gesehen oder gehört.