Seltener Gen-Defekt: Diese Frau stinkt zum Himmel

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Seltener Gen-DefektDiese Frau stinkt zum Himmel

Schweissfüsse oder Mundgeruch? Lappalien im Vergleich zum Leiden der Amerikanerin Camille: Ein seltener Gen-Fehler lässt sie einen unangenehmen Geruch verströmen, der an toten Fisch erinnert.

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Camilles Leidensweg ist lang - ein wirkliches Ende bislang nicht in Sicht. <br>(Quelle: YouTube/ABCnews)

Sie sieht fantastisch aus, wirkt sympathisch und besitzt einen Uni-Abschluss. Camille (wir hatten bereits über sie berichtet), die auch schon als Model arbeitete, sieht man nicht an, dass sie eigentlich zu bemitleiden ist, denn das Problem der jungen Frau lässt sich ausschliesslich über die Nase wahrnehmen. Sobald sie ein Zimmer oder einen Saal betritt, erfüllt sie die Räumlichkeiten mit einem beissenden Geruch, der an toten Fisch erinnert.

Trimethylaminurie nennt sich die äusserst seltene Erkrankung, die aktuellen Forschungen zufolge auf einen Gendefekt zurückzuführen ist. Ausgelöst wird die olfaktorische Besonderheit durch den Stoff Trimethylamin (TMA). Produziert wird TMA während des Verdauungsprozesses von Nahrungsmitteln wie Eiern, Fisch, Leber und bestimmten Gemüsesorten, die reich an einer Ammoniumverbindung namens Cholin sind. «Menschen, die an dieser Stoffwechselstörung leiden, verbreiten den Geruch selbst dann, wenn sie auf penible Hygiene achten», weiss Paul Wise vom Monell Chemical Senses Center in Philadelphia.

Ein Gestank, der auf die Seele schlägt

Wise leitete eine Studie, die sich jüngst des Phänomens Trimethylaminurie annahm und im American Journal of Medicine veröffentlicht wurde. «Trimethylaminurie wirkt sich sehr belastend auf die Psyche der Betroffenen aus. Zudem lässt sich die Krankheit ausschliesslich mit Hilfe eines speziellen Tests diagnostizieren», wird Wise vom Nachrichtendienst «Reuters» zitiert. Ursächlich für die Stoffwechselstörung ist ein Defekt des Gens FMO3. Anders als bei herkömmlichen Metabolisierungs-Prozessen hindert der Gendefekt den Organismus daran, TMA in geruchsneutrale Bestandteile zu verwandeln.

Obwohl TMA selbst einen stark «fischigen» Eigengeruch aufweist, leiden nur etwa zehn bis 15 Prozent aller Trimethylaminurie-Patienten an dieser speziellen Ausdünstung. Das gestaltet die Diagnose umso schwieriger.

Ein Drittel war positiv

Im Rahmen der aktuellen Studie versuchten Wise und seine Kollegen herauszufinden, wie oft Trimethylaminurie tatsächlich bei den Patienten diagnostiziert werden konnte, die bei den Experten des Monell Chemical Senses Centers wegen ihres starken Körpergeruchs Hilfe suchten. Für den Test mussten die insgesamt 353 Patienten ein cholinhaltiges Getränk zu sich nehmen. Von den 118 positiv getesteten Patienten litten aber nur 3,5 Prozent unter einer «fischigen» Ausdünstung. Häufiger beklagten die Betroffenen eher einen «allgemeinen» Körper- oder Mundgeruch.

Viele der Patienten wurden zuvor bereits bei unterschiedlichsten Ärzten und Zahnärzten vorstellig. Auch das Monell Chemical Senses Center konnte ihnen nur bedingt helfen: Ein wirksames Medikament gibt es – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – nicht. Einzig durch den Verzicht auf cholinhaltige Nahrungsmittel kann der unangenehme Geruch verhindert werden.

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