Geheime Papiere: Diese Sauna lässt Janukowitsch schwitzen

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Geheime PapiereDiese Sauna lässt Janukowitsch schwitzen

Rund 22'000 Papiere hat Wiktor Janukowitsch bei seiner Flucht zurücklassen müssen. Ukrainische Journalisten werten sie derzeit aus und decken Verbrechen um Verbrechen auf.

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Wiktor Janukowitsch ist ein paranoider Mensch. Nur so lässt sich erklären, dass er seine gesamten Dokumente bei sich zuhause in der Residenz Meschigorje hortete. Niemand anderes sollte die Papiere zu Gesicht bekommen. Doch als Aktivisten seinen Grund und Boden besetzten, musste der ukrainische Präsident sein Protzanwesen am 22. Februar fluchtartig verlassen. Rund 22'000 Dokumente blieben zurück.

Janukowitschs Sicherheitskräfte versuchten noch, die Papiere zu vernichten: Ganze Papierballen versuchten sie anzuzünden, andere warfen sie in einen Stausee auf dem Anwesen. Doch die Vernichtungsmüh war umsonst: Die brisanten Papiere – Kontoinformationen, Überwachungsprotokolle, schwarze Listen und fragwürdige Rechnungen – waren schlicht zu viele, die meisten waren nur an den Ecken angekohlt. Jene, die versenkt werden sollten, blieben durch Plastikfolie vor dem Wasser geschützt, die die Sicherheitsleute in der Hektik nicht weggerissen hatten.

Die Stunde von Yanukovychleaks

Die im Wasser treibenden Papiere erregten die Aufmerksamkeit der Aktivisten, die diese aus dem Wasser fischten und zum Trocknen in die Sauna der Residenz brachten (siehe Diaschau). Die Fotos, die sie von der Rettungsaktion machten, erregten wiederum die Aufmerksamkeit von 22 ukrainischen Journalisten: Sie beschlossen, die ganzen 22'000 Dokumente, darunter 174 Aktienordner aus dem Wasser, auszuwerten. Das könnte Jahre dauern, doch die Arbeit dokumentieren sie – unterstützt von Studenten und anderen Freiwilligen – fortlaufend auf Yanukovychleaks.org.

«Wir haben 22'470 Blatt Papier digitalisiert», sagt Journalist Aleksandr Akimenko auf Welt.de. Viele Daten betreffen Janukowitschs Firmenimperium, seine Antiquitätensammlungen und Yachten, den Fuhrpark und die Residenz Meschigorje. Die Aktenstapel machen klar, dass der fast zwei Meter grosse Präsident panische Angst vor der Presse hatte.

Attacke auf J0urnalistin

Mehr als nur Angst, wie sich jetzt zeigt. So wurden im kleinen Häuschen von Janukowitschs Bodyguard Notizbücher gefunden, die einen direkten Zusammenhang mit der schweren Attacke gegen die regierungskritische Journalistin Tetjana Tschornowol aufweisen.

Tschornowol hat sich einen Namen gemacht, weil sie über Janukowitschs verschwenderischen Lebenswandel schrieb. An Weihnachten 2013 wurde die Frau auf dem Heimweg aus ihrem Auto gezerrt und schwerstens verprügelt. Janukowitsch bestritt immer, etwas mit dem Angriff zu tun zu haben. Doch die Notizen des Bodyguards sprechen eine andere Sprache: Fein säuberlich listet der Mann auf, wo und wann er der Journalistin folgte. In ihrer Tatnacht steht: «23.10 Uhr – sie ist losgefahren und hat ihr Handy abgestellt». Und: «23.50 Aufräumaktion hat begonnen», «1.00 Aufräumaktion beendet».

Auch Femen auf schwarzer Liste

Kritische Journalisten, aber auch die Aktivistinnengruppe Femen sind auf den sichergestellten schwarzen Listen erfasst. Die Sichtung anderer Dokumente bringen den ukrainischen Präsidenten mit Geldwäsche und krummen Immobiliengeschäften in Verbindung. Im Schlafzimmer von Janukowitschs Frau Ljudmila fanden die ukrainischen Reporter etwa Baupläne und einen Prospekt für ein geplantes Kempinski-Hotel in Jalta auf der Krim.

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