SanktionenDieses Parkticket kostet 130’000 Franken – doch wer zahlt?
Seit nunmehr fast 400 Tagen steht ein Airbus A320 von Aeroflot am Flughafen in München. Ob die russische Fluggesellschaft die entstandenen Kosten auch tatsächlich übernehmen wird, ist unklar.

- von
- Benedikt Hollenstein
Darum gehts
Seit Deutschland Ende Februar 2022 den Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt hat, sitzt ein Airbus A320 in München fest.
Eigentlich hätte die Maschine St. Petersburg anfliegen sollen.
Stattdessen hat sie bereits Rechnungen und Gebühren für knapp 130’000 Franken angehäuft.
Eigentlich sollte der Airbus A320 nur eine Stunde am Münchner Flughafen bleiben, doch nun steht er schon seit fast 400 Tagen auf dem Rollfeld. Die geplante Rückkehr nach Sankt Petersburg kam nicht zustande, weil Deutschland kurz nach der Landung der Maschine in München Ende Februar 2022 seinen Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt hat. Seither stellt der Flughafen regelmässig Rechnungen für den Stellplatz aus.
Diese sind mittlerweile auf die astronomische Summe von 130’000 Euro (128’500 Franken) angestiegen, wie Robert Wilhelm, der Pressesprecher des Flughafens, gegenüber «T-Online» sagt. Denn für jeden Tag, an dem die Aeroflot-Maschine am Flughafen steht, werden rund 350 Euro Gebühr verrechnet. Die Rechnungen gehen nach Russland an Aeroflot – ob die Fluggesellschaft den Betrag aber schlussendlich berappen muss, ist unklar.
Werden Kosten auf Steuerzahler abgewälzt?
Wird schlussendlich gar der deutsche Steuerzahler zur Kasse gebeten? Schliesslich war es eine politische Entscheidung der deutschen Regierung, nach dem illegalen Angriff auf die Ukraine Sanktionen gegen Russland zu verhängen und russischen Flugverkehr im deutschen Luftraum zu untersagen. Die Besatzung und die Fluggesellschaft Aeroflot waren denn auch nicht direkt dafür verantwortlich, dass das Flugzeug nicht abheben konnte. Der Frankfurter Rechtsanwalt Viktor Winkler, der auf Sanktionsrecht spezialisiert ist, glaubt aber nicht an dieses Szenario.
Musstest du schon mal eine Busse bezahlen?
Denn Aeroflot sei nicht direkt bestraft oder sanktioniert worden, sondern lediglich vom Flugverbot betroffen gewesen. «Daher gibt es rechtlich keine direkte Grundlage für die Abwälzung der Gebühren auf eine andere Partei», so Winkler. Er vergleicht die Situation mit einer neu eingerichteten 30er-Zone auf der Strasse. Wenn jemand dort mit 50 Kilometern pro Stunde fahren würde, weil es vorher erlaubt war, jetzt aber verboten ist, muss die Busse trotzdem bezahlt werden und kann nicht etwa auf das Strassenverkehrsamt abgeschoben werden. Das Gleiche gelte für das Flugverbot, das in Kraft getreten ist, als das Flugzeug in München stand.
Der wahrscheinlichste Kandidat, um die Rechnung zu bezahlen und das Flugzeug nach über einem Jahr endlich abzuholen, ist laut Flughafensprecher Wilhelm die chinesische Leasinggesellschaft, der der Airbus A320 gehört. Das Unternehmen habe seine Absicht, den an Aeroflot geleasten Airbus zurückzuholen, bereits bekundet. Dies ist jedoch nur mit einer neuen Registrierung möglich, da für russische Flugzeuge weiterhin ein Flugverbot im europäischen Luftraum gilt.
Wartungsarbeiten am Flugzeug fällig
Mit der Bezahlung des 130’000 Euro teuren «Parktickets» dürfte es aber nicht getan sein. Denn nach über einem Jahr Stillstand werden auch diverse Arbeiten fällig. Um ein Flugzeug nach so langer Zeit am Boden wieder tauglich für die Luft zu machen, müsse die Maschine überprüft und mögliche Mängel behoben werden. Der Pressesprecher vergleicht die Situation mit jener am Flughafen Teruel in Spanien, wo die Lufthansa mehrere stillgelegte Maschinen wieder instand setzt.
Dort arbeite eine Spezialfirma an den abgestellten Flugzeugen. «Wir reden von zwei Monaten, mehr als 2500 Arbeitsstunden, die wir brauchen, bis die grossen Flieger hier wieder in die Luft gehen können», zitiert die deutsche «Tagesschau» Flughafenchef Alejandro Ibrahim. Die gleiche Prozedur dürfte bei der Aeroflot-Maschine anstehen. «Aber bevor das Geld überwiesen ist, lassen wir das Flugzeug nicht starten», so Robert Wilhelm.
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