
Nicolas Schierle, Samuel Thoma und Michael Mangold (v.l.n.r,) wollen mit ihrem Unternehmen Labwear Studios auch kleinen Labels eine Plattform bieten.
Collab mit «Vogue»«Anna Wintour ist sehr herzlich» – Schweizer Trio will Modeszene aufmischen
Das Schweizer Start-up Labwear Studios will die Textilbranche auch für kleine Labels zugänglich machen und hat bereits eine Kollaboration mit der «Vogue» produziert. Wir haben mit dem jungen Unternehmen gesprochen.
- von
- Johanna Senn
«Made in Bangladesh», «Made in Indonesia» oder «Made in Italy» heisst es beispielsweise auf dem Etikett, das ins Innere deiner Kleidung eingenäht ist. Diese Information gibt dir einen Hinweis darauf, in welchem Land dein Pullover oder deine Hose produziert wurde. Doch wo genau die Produktionsstätte steht, ist laut Michael Mangold, Marketing Director bei Labwear Studios, eines der am besten gehüteten Geheimnisse der Modebranche. Genau da möchte das Schweizer Jungunternehmen ansetzen.
Achtest du darauf, woher deine Kleidung stammt?
Labwear Studios will aufstrebenden Modelabels und Marken den Zugang zur hochwertigen und fairen Textilproduktion eröffnen. Dafür investieren die Gründer Nicolas Schierle als CEO, Samuel Thoma als Creative Director und Michael Mangold als Marketing Director neben dem Studium einiges an Zeit – mit Erfolg: Vergangenes Jahr produzierten sie gemeinsam mit der «Vogue» Ukraine eine Kollektion im Rahmen der Paris Fashion Week. Wir haben mit Michael Mangold über die Schwierigkeiten in der Modebranche gesprochen und darüber, wie es war, Anna Wintour zu treffen.
Michael, wie erklärst du Aussenstehenden, was ihr bei Labwear Studios genau macht?
Wir produzieren Kleidung für junge Designer und Modelabels in Portugal.
Ihr fokussiert euch dabei aber vorwiegend auf kleinere Marken und Labels.
Für kleine Brands ist es schwierig, überhaupt eine Produktion zu finden. Dieser Teil der Mode wird wahnsinnig unter Verschluss gehalten, die meisten Marken machen ein grosses Geheimnis daraus, wo sie genau produzieren. Unser Ziel ist es, diesen Markt zu öffnen und es den Labels zu ermöglichen, bereits ab 50 Stück bei uns zu produzieren.
Ihr habt letztes Jahr eine Kollaboration mit der «Vogue» umgesetzt. Wie kam es dazu?
Ein Freund von mir nahm den Chefredaktor der «Vogue» Ukraine bei sich auf, als der Krieg ausbrach. Wir verabredeten uns auf einen Kaffee und dachten, dass wir uns einfach austauschen würden. Wenige Tage darauf gab er uns Bescheid, dass Condé Nast eine Kollaboration mit uns abgesegnet hat. So kam es, dass wir für ein Showcase der «Vogue» Ukraine an der Paris Fashion Week Shirts und Sweatshirts mit den Designs von ukrainischen Modeschaffenden bedrucken und produzieren durften. Vor Ort lernten wir auch Anna Wintour kennen.

Anna Wintour schüttelt die Hand von Labwear-CEO Nicolas Schierle.
Wie habt ihr das Treffen mit Anna Wintour erlebt?
Am Anlass präsentierten ukrainische Modeschaffende Highlights aus ihren Kollektionen und auch wir zeigten unsere Kollaboration. Wintour schaute sich alle Werke an und stellte Fragen zu den Kollektionen. Sie kam auch zu uns und stellte sich mit ‹Hello, I’m Anna› vor. Sie erfüllte den Raum mit Positivität und ich empfand sie als bescheiden, herzlich und gar nicht so überheblich, wie man sie sich vorstellen würde.
Der grösste Teil eures Teams ist nach wie vor an der Uni. Wie schafft ihr es, Studium und eigenes Unternehmen zu vereinbaren?
Wir opfern viel Zeit für Labwear Studios und schaffen das nur auf Kosten der Freizeit. Aber ich arbeite lieber an unserem Unternehmen, statt sieben Folgen einer Serie zu schauen.
Wie kam es dazu, dass ihr in der Textilbranche gelandet seid?
Die Streetwear-Szene faszinierte uns schon als Teenies. Wir gehörten zu denen, die schon in der Nacht vor grossen Release-Schlangen standen. Dadurch lernten wir den Wert von Kleidung in Form von Produktqualität und Details im Design kennen.

Michael Mangold und Nicolas Schierle am Showcase der «Vogue» an der Paris Fashion Week.
Was stört euch an der Modebranche?
Die Branche ist fokussiert auf ein paar wenige grosse Designer, die kleinen werden dabei vergessen. Wir geben diesen kleinen Labels eine Plattform und die Chance, dass sie genau so gute Kleidung produzieren können wie die Grossen. Überproduktion ist ein weiteres Problem. Wir setzen auf tiefe Mengen, die dann auch verkauft werden können. Und da wir in Portugal und nicht in Asien produzieren, können wir bei Bedarf rasch nachproduzieren.
Ihr wollt in Zukunft noch einen Schritt weiter gehen und nur auf Vorbestellung produzieren.
Ja, in der Streetwear-Szene hat sich dieses System bereits etabliert. Labels zeigen ihre neusten Designs und Kunden können eine Vorbestellung platzieren. Erst danach geht das Kleidungsstück in Produktion. Unser Ziel ist es, eine Lösung anzubieten, mit der wir dennoch innert kürzester Zeit liefern können.
Achtest du dich darauf, wer deine Kleidung produziert oder wie sie hergestellt wurde?