Psychiater zu Patient: «Du bist meine verbotene Liebe»

Aktualisiert

Psychiater zu Patient«Du bist meine verbotene Liebe»

Ein Psychiater muss in Ausserrhoden vor Gericht, weil er die Notlage eines Patienten ausgenutzt haben soll. Es soll zu sexuellen Anspielungen und einem Zungenkuss gekommen sein.

von
taw
Der Angeklagte muss sich am Donnerstag vor dem Kantonsgericht Appenzell Ausserrhoden verantworten. (Bild: ar.ch)

Der Angeklagte muss sich am Donnerstag vor dem Kantonsgericht Appenzell Ausserrhoden verantworten. (Bild: ar.ch)

Der Angeklagte, ein heute 43-jähriger Psychiater, und sein ehemaliger Patient (45), der im Verfahren als Privatkläger auftritt, trafen sich im Oktober 2013 das erste Mal. Der Kläger war laut Staatsanwaltschaft von da bis Mitte Februar 2014 wegen eines Alkohol- und Drogenentzugs in einem psychiatrischen Zentrum stationiert. Dort wurde er vom Angeklagten therapiert.

Dabei und auch während der Nachbehandlung soll der Psychiater immer wieder sexuelle Anspielungen gemacht haben, heisst es im Schlussbericht zur Strafuntersuchung. So soll der Angeklagte etwa vertraulich auf das Knie des Patienten geklopft und es gestreichelt haben. Zudem soll er sich in der Therapie explizit danach erkundigt haben, ob sein Patient sich als Jugendlicher auch für Männer interessierte.

Psychopharmaka angeboten

Am 24. Dezember kam es laut Anklage zu einem speziellen Vorfall im Psychiatrischen Zentrum. Der Zimmergenosse des Privatklägers hatte sich im Badezimmer eingeschlossen. Eine Therapeutin öffnete schliesslich die Tür und fand den Patienten nackt auf dem WC. Daraufhin soll der angeklagte Psychiater seine Hose ausgezogen haben und sie ihm angeboten haben.

Nachdem der Privatkläger die Klinik verliess, empfahl sich der Psychiater zur Nachbetreuung. Er habe ihn an seinem Arbeitsplatz besucht und ihm auch Geld angeboten und gesagt, er könne für ihn Trittico beschaffen. Dabei handelt es sich um ein Medikament mit angstlösender und stimmungsaufhellender Wirkung. Beides lehnte der Kläger ab.

Weiter soll der Beschuldigte ihn via Facebook kontaktiert haben und teils sehr direkte sexuelle Anspielungen gemacht haben. Schliesslich soll er ihm seine Zuneigung offenbart haben. So schrieb er ihm: «Du bist meine verbotene Liebe.» Bei einem Behandlungstermin im Juni 2014 soll der Angeklagte dem Kläger unvermittelt einen Zungenkuss gegeben haben. Danach brach der Patient die Therapie ab, doch der Anklagte versuchte weiterhin, in Kontakt mit ihm zu bleiben.

Opfer will Genugtuung

Das Verfahren wurde gemäss dem Grundsatz «In dubio pro duriore» dem Kantonsgericht Appenzell Ausserrhoden überwiesen (siehe Box).

Der Angeklagte wollte sich bei der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 4. März 2016 nicht äussern. Deshalb stützt sich die Staatsanwaltschaft auf die Aussage des Klägers und dessen eingereichte Beweismittel. So müsse davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte seine Stellung als Psychiater und die labile Persönlichkeit des Patienten ausgenutzt habe.

Die Staatsanwaltschaft fordert eine Verurteilung wegen Ausnützung der Notlage und Widerhandlung gegen das kantonale Gesundheitsgesetz. Er sei zu einer angemessenen bedingten Geldstrafe und eine Busse zu verurteilen. Zudem macht der Privatkläger eine Genugtuungsforderung geltend, die anlässlich der Verhandlung am Donnerstag vor dem Kantonsgericht konkretisiert wird.

In dubio pro duriore

Gemäss dem Grundsatz «im Zweifel für die Anklageerhebung» bzw. «in dubio pro duriore» darf eine Einstellung durch die Staatsanwaltschaft nur bei klarer Straflosigkeit bzw. offensichtlich fehlenden Prozessvoraussetzungen verfügt werden. In Zweifelsfällen hat hingegen eine Anklage und gerichtliche Beurteilung zu erfolgen.

Deine Meinung