Schweiz«Dünner wärst du viel hübscher» – F. (29) wuchs mit einer Mandelmutter auf
Seit Jahren hat F. (29) aus Zürich ein gestörtes Essverhalten. Den Ursprung sieht sie bei ihrer Mutter.
- von
- Lynn Sachs
Darum gehts
Auf Tiktok gehen derzeit Videos von Betroffenen viral, die ihre Mütter beschuldigen, Mandelmütter zu sein.
Auch F. (29) aus Zürich hat gemäss eigener Angaben eine Mandelmutter.
Gegenüber 20 Minuten erzählt sie, wie sie eine Essstörung entwickelte.
Die 29-jährige F.* ist mit einer sogenannten Mandelmutter aufgewachsen. «Meine Mutter ist eine schlanke und sportliche Frau. Sie achtet sehr darauf, was sie isst, trinkt sehr viel Wasser und schöpft sich nie ein zweites Mal», erzählt die Zürcherin. Sie selbst sei als Kind stets schlank gewesen: «Mit zirka 15 Jahren veränderte sich mein Körper ein wenig und mein Bauch war fortan nicht mehr gleich flach wie zuvor.» Damit, so die Zürcherin, haben die Kommentare der Mutter begonnen.
«Sprüche wie: ‹Isst du das jetzt auch noch› oder ‹Achte darauf, was du isst›, waren an der Tagesordnung.» Es sei soweit gegangen, dass die Mutter den Vorratsschrank abschloss, sodass F. nicht mehr an die Snacks gelangen konnte. Das Verhalten der Mutter und die etlichen Kommentare hätten sie als Jugendliche sehr gekränkt: «Einmal sagte sie zu mir: ‹Wenn du dünner wärst, wärst du viel hübscher.› Dieser Satz verfolgt mich bis heute.»
Yolanda Hadid ist eine Mandelmutter
«Das Erlebte wird mich aber ein Leben lang begleiten»
Für die Zürcherin habe das Verhalten ihrer Mutter ihr Verhältnis zum Essen langfristig beeinflusst: «In jungen Jahren bin ich in eine Esssucht gefallen und bis heute habe ich ein gestörtes Essverhalten.» Mit 18 Jahren sei sie schliesslich ausgezogen und seither in psychologische Behandlung.
«Auch heute, Jahre später, fallen seitens meiner Mutter immer noch Kommentare zu meiner Figur und meinem Aussehen», sagt F. Die Therapie und auch die letzten Jahre hätten sie aber gelehrt, ihrer Mutter Grenzen aufzuzeigen und besser mit dem Gesagten umzugehen. «Das Erlebte wird mich aber ein Leben lang begleiten», so die 29-Jährige.
Ursprünge für Essstörung sind vielfältig
Laut Ernährungspsychologin Gigia Saladin sind die Ursprünge einer Essstörung vielfältig. Meist müssten mehrere Faktoren zusammenkommen. Neben entwicklungspsychologischen Faktoren, soziokulturellen Einflüssen, biologischen Faktoren können auch familiäre Faktoren eine Rolle spielen. «Negative und traumatische Erlebnisse, körperliche oder sexuelle Gewalt, Vernachlässigung oder auch Überfürsorge in der Familie können Einfluss haben», sagt Saladin.
Besitzt in der Familie das Aussehen und Schlanksein zudem einen hohen Stellenwert, könne dies ebenfalls eine Essstörung fördern. «Einige Eltern orientieren sich an Essideologien, die problematische Einschränkungen bei der Ernährung beinhalten. Eine solche Ernährung kann die Entwicklung von Kindern stark beeinträchtigen», so Saladin.
*Name der Redaktion bekannt
Hast du oder hat jemand, den du kennst, eine Essstörung?
Hier findest du Hilfe:
Fachstelle PEP, Beratung für Betroffene und Angehörige
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Elternberatung, Tel. 058 261 61 61
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