FrauenfeldEhemaliger Stadtschreiber wegen Wahlfälschung angeklagt
Nachdem es vor rund einem Jahr bei den Grossratswahlen im Kanton Thurgau zu Wahlfälschung gekommen ist, erhebt die Staatsanwaltschaft nun Anklage gegen den ehemaligen Stadtschreiber von Frauenfeld. Die Wahlfälschung hatte eine Sitzverschiebung im Kantonsparlament zur Folge.
- von
- Jeremias Büchel
Darum gehts
Bei den Grossratswahlen im Kanton Thurgau im März 2020 ist es zu Wahlfälschungen gekommen.
Dadurch wurde der SVP zu Ungunsten der Grünliberalen ein Sitz zugesprochen.
Nun wird bekannt, dass gegen den ehemaligen Stadtschreiber der Stadt Frauenfeld Anklage wegen qualifizierter Wahlfälschung erhoben wird.
Die Staatsanwaltschaft beantragt eine bedingt vollziehbare Freiheitsstrafe von 15 Monaten und eine Busse in der Höhe von 3000 Franken.
Der Beschuldigte bestreitet die Vorwürfe.
«Basierend auf den Untersuchungserkenntnissen hat die Staatsanwaltschaft am 24. März 2021 gegen den ehemaligen Stadtschreiber der Stadt Frauenfeld Anklage erhoben», heisst es in der Medienmitteilung der Staatsanwaltschaft Thurgau vom Freitag. Dem Mann wird Wahlfälschung vorgeworfen. Betroffen davon waren die Grossratswahlen vom 15. März 2020 im Kanton Thurgau. Damals wurden rund hundert Wahlzettel der Grünliberalen mit unveränderten Wahlzettel der SVP ersetzt. Das Wahlresultat musste im Nachgang korrigiert werden, die SVP einen Sitz an die Grünliberalen abgeben.
Die Staatsanwaltschaft beantragt für den ehemaligen Stadtschreiber wegen qualifizierter Wahlfälschung eine bedingt vollziehbare Freiheitsstrafe von 15 Monaten und eine Busse von 3000 Franken. Die Anklageschrift wurde diese Woche an das zuständige Gericht überwiesen. Ein Verhandlungstermin ist noch nicht festgesetzt.
Indizien klar
Bei den Grünliberalen hätte man sich eine höhere Strafforderung gewünscht. «Auf den ersten Blick ist das Strafmass milde», sagt Andreas D. Schelling, Präsident der Grünliberalen des Bezirks Frauenfeld zu 20 Minuten. Doch vermutlich sei die Beweisdecke dünn. Die Indizien seien für ihn aber klar und er erwartet eine Bestrafung. Schelling kritisiert den zögerlichen Start der Ermittlung und vermutet, dass in diesem Zusammenhang nun stichhaltige Beweise fehlen. Die Grünliberale hätten mittels Rekursen den Druck aufrechterhalten müssen, damit die Sache nicht unter den Tisch gekehrt wird, sagte Schelling bereits letzten Sommer zu 20 Minuten.
Tat wird bestritten
«Der Beschuldigte bestreitet die Vorwürfe. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gilt die Unschuldsvermutung», schreibt die Staatsanwaltschaft am Ende der Medienmitteilung vom Freitag. Die Stadt Frauenfeld teilte in einem separaten Mediencommuniqué mit, dass sie von der Anklage Kenntnis genommen habe. Man entschuldige sich bei der Bevölkerung und den Direktbetroffenen. «Ob der damalige Stadtschreiber so gehandelt hat, wie es ihm seitens des Generalstaatsanwalts vorgeworfen wird, wird ein Gericht zu prüfen haben. Der Stadtrat hatte bisher keine Anhaltspunkte, dass es sich so zugetragen hat.» Der Stadtschreiber hatte seine Stelle per Ende Oktober 2020 gekündigt. «Er verlässt die Stadt Frauenfeld auf eigenen Wunsch, um sich Neuem zuzuwenden», hiess in einer Mitteilung Anfang August 2020.
Wahlfälschung Art. 282 Strafgesetzbuch (StGB)
Im Schweizer Strafgesetzbuch steht unter Artikel 282 folgendes:
1. Wer ein Stimmregister fälscht, verfälscht, beseitigt oder vernichtet,
wer unbefugt an einer Wahl oder Abstimmung oder an einem Referendums- oder Initiativbegehren teilnimmt,
wer das Ergebnis einer Wahl, einer Abstimmung oder einer Unterschriftensammlung zur Ausübung des Referendums oder der Initiative fälscht, insbesondere durch Hinzufügen, Ändern, Weglassen oder Streichen von Stimmzetteln oder Unterschriften, durch unrichtiges Auszählen oder unwahre Beurkundung des Ergebnisses,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2. Handelt der Täter in amtlicher Eigenschaft, so ist die Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder die Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen. Mit der Freiheitsstrafe kann eine Geldstrafe verbunden werden.