Kampagne: Ein falscher SBB-Chef wirbt für Telefonfirma

Aktualisiert

KampagneEin falscher SBB-Chef wirbt für Telefonfirma

Das Handy im Zug ist fast schon obligatorisch – kein Wunder, dass Salt mit Anzeigen von Reisenden wirbt. Aber zeigt die Werbung für das Telefon-GA nicht sogar SBB-Chef Andreas Meyer?

Isabel Strassheim
von
Isabel Strassheim
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Ganzseitiges Zeitungsinserat vom Mobilfunkanbieter Salt: Der Passagier ähnelt SBB-Chef Andreas Meyer. Die Augen sind jedoch verdeckt.

Ganzseitiges Zeitungsinserat vom Mobilfunkanbieter Salt: Der Passagier ähnelt SBB-Chef Andreas Meyer. Die Augen sind jedoch verdeckt.

Der tatsächliche SBB-Chef Andreas Meyer fährt jedoch nur erste Klasse, was am Kopfkissen erkennbar ist. Und er telefoniert offenbar ohne Freisprechkabel.

Der tatsächliche SBB-Chef Andreas Meyer fährt jedoch nur erste Klasse, was am Kopfkissen erkennbar ist. Und er telefoniert offenbar ohne Freisprechkabel.

Martin Ruetschi
Spezialist für Werbung mit Prominenten ist Benetton: Der Konzern lässt verfeindete Politiker einander küssen: die sogenannte Unhate-Kampagne 2011.

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ian Langsdon

Die Werbung des Telekomanbieters Salt setzt auf Bilder von Passanten. Das Unternehmen zeigt auf seinen ganzseitigen Zeitungsinseraten oder Plakaten keine Fotomodelle, sondern Menschen von der Strasse. «Es sind keine gestellten Fotos, sondern wir haben die Werbefotografen einfach losgeschickt», sagt Salt-Sprecherin Therese Wenger zu 20 Minuten. Und dabei haben die Fotografen, so scheint es zumindest, auch SBB-Chef Andreas Meyer erwischt, wie er im Zug sitzt und telefoniert.

Rotblond, eckig-schwarze Brille, das altbekannte weisse Hemd mit Krawatte – der Mann gleicht Meyer aufs Haar. Mit der einen Hand hält er das Freisprech-Mikro, mit der anderen verdeckt er seine Augen. Ganz zweifelsfrei lässt er sich deswegen nicht identifizieren.

«Es ist definitiv nicht SBB-Chef Meyer», sagt Salt-Sprecherin Wenger. Es sei ein normaler Reisender, der nach der Fotoaufnahme sein Einverständnis für die Salt-Werbung gegeben habe. «Eine allfällige Ähnlichkeit mit einer anderen Person ist daher rein zufällig.»

Passgenauer Meyer

Meyer wäre jedoch nicht nur wegen dem Zug genau der Richtige. Auch der Werbespruch passt zum SBB-Chef: «Pass. Einmal im Jahr zahlen. Fertig.» lautet der Salt-Slogan für sein Telefon-GA. Auch die SBB führt einen sogenannten «Swisspass» ein, der für sämtliche Abonnemente im öffentlichen Verkehr gilt.

«Die Salt-Kampagne fällt wegen ihres grösstmöglichen Masses an Authentizität auf», sagt der Chef der Werbeagentur Havas Worldwide Zürich/Genève, Frank Bodin. Seine Agentur war 1999 an der Einführung der Marke Orange in der Schweiz beteiligt, hat jedoch mit der Umbenennungskampagne von Salt nichts zu tun. Mobiltelefone seien Teil des täglichen Lebens, deswegen passe auch der Schnappschuss-Stil der Fotos. Was Bodin allerdings an der Werbung fehlt, ist die Idee: «Der besondere Einfall unabhängig von den Fotos fehlt, deshalb wird es schwierig, zu erkennen, wofür die Marke steht und wie sie sich von der Konkurrenz unterscheidet.»

Promi-Werbung ist bei Benetton Standard

Wäre Meyer tatsächlich höchstpersönlich in der Salt-Werbung gezeigt worden, wäre dies nichts Ungewöhnliches. Für das italienische Modelabel Benetton oder den deutschen Autoverleiher Sixt gehört sie sogar zum Standard. Fast genauso wie der Ärger, den sie immer wieder provoziert: Benetton hatte 2011 Papst Benedikt XVI. gezeigt, wie er einen Imam küsst. Die Fotomontage löste beim Vatikan Entsetzen aus, er sprach von einem «Missbrauch des Papst-Bildes». Der Modekonzern entschuldigte sich im Nachhinein beim Papst und leistete damit eine «moralische Wiedergutmachung». Auch materielle Wiedergutmachung in Form einer Spende soll es gegeben haben.

Weitere Hauptdarsteller der Benetton-Kampagne waren andere bekannte Persönlichkeiten, die sich im «Bruderkuss» vereinen. So knutschten etwa der inzwischen verstorbene frühere Staatspräsident von Venezuela, Hugo Chávez, mit Barack Obama – und auch Angela Merkel und der damalige französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy zeigen einander ihre Zuneigung. Mit den Fotomontagen wollte Benetton ein Zeichen gegen Hass setzen.

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