Politkrimi in China: Ein Gifttrank brachte Bo Xilai zu Fall

Aktualisiert

Politkrimi in ChinaEin Gifttrank brachte Bo Xilai zu Fall

Neue Enthüllungen im Skandal um Chinas gestürzten Politstar Bo Xilai: Seine Frau soll im Streit um Geld einen Freund vergiftet haben. Die Parteispitze ist nervös.

von
Peter Blunschi
Mächtige Frau im Schatten: Gu Kailai (l.) mit ihrem entmachteten Ehemann Bo Xilai.

Mächtige Frau im Schatten: Gu Kailai (l.) mit ihrem entmachteten Ehemann Bo Xilai.

Für chinesische Staatsmedien ist die Entmachtung von Bo Xilai ein «grosser Glücksfall». Bis vor kurzem galt er als aussichtsreicher Kandidat für einen Sitz im Ständigen Ausschuss des Politbüros, dessen neun Mitglieder im Herbst weitgehend ausgetauscht werden. Nun soll sich Bo in Peking unter Hausarrest befinden. Im März war er Knall auf Fall als KP-Chef der der Metropole Chongqing in Südwestchina entlassen worden.

Die Zeitung «Chongqing Daily» betonte am Montag, das Volk, die Partei und die Führung stünden hinter dem Entscheid, Ermittlungen wegen «schwerer Disziplinarvergehen» gegen Bo aufzunehmen: «Dies ist ein grosser Glücksfall für die Partei, das Land und für Chongqing und entspricht den Wünschen der Partei und den Wünschen des Volkes.» Gegen Bo wird wegen Korruptionsvorwürfen ermittelt, seine Frau Gu Kilai steht zudem unter Mordverdacht.

Der gierige Brite

Es geht um den Fall des britischen Geschäftsmanns Neil Heywood, der im letzten November in einem Hotelzimmer in Chongqing tot aufgefunden worden war. Er soll auf Anweisung von Gu Kailai mit einem vergifteten Drink getötet worden sein, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters mit Berufung auf zwei «mit den Ermittlungen vertraute» Informanten. Heywood war seit den 90er Jahren mit dem Ehepaar Bo und Gu befreundet, er soll dem gemeinsamen Sohn Bo Guagua eine Platz in einer exklusiven britischen Privatschule vermittelt haben.

Mit der Zeit soll sich zwischen Gu Kailai und Neil Heywood eine tiefe Freundschaft entwickelt haben. Eine Liebesbeziehung war es laut Reuters aber nicht. Im letzten Jahr habe Gu mit Heywoods Hilfe Geld ins Ausland verschieben wollen, doch der 41-jährige Brite sei gierig geworden und habe einen grösseren Anteil verlangt als erwartet. Andernfalls werde er die korrupten Machenschaften der Anwältin enthüllen, habe er gedroht. Die 53-jährige Gu soll dieser Vertrauensbruch dermassen empört haben, dass sie Heywoods Ermordung in Auftrag gab, so Reuters.

Machtkampf in der Führung?

Wang Lijun, der ehemalige Polizeichef von Chongqing, soll der Sache auf die Spur gekommen sein und Parteichef Bo Xilai gedroht haben, die Affäre auffliegen zu lassen. Seine Flucht in ein US-Konsulat löste jene Ereigniskette aus, die Hoffnungsträger Bo zu Fall brachte und die sich zu einem gefährlichen Flächenbrand für die Kommunistische Partei Chinas zu entwickeln droht. Denn die Ereignisse hatten in China und weltweit für Aufsehen gesorgt.

Im Internet wird heftig über einen Machtkampf innerhalb der Führung spekuliert. Um die Verbreitung weiterer Gerüchte zu unterbinden, sperrten die chinesischen Behörden dutzende Internetseiten und löschten tausende Einträge. Die Entlassung Bos, der sich im Kampf gegen das organisierte Verbrechen und als Verfechter linker Werte einen Namen gemacht hatte, liess die Spaltungen innerhalb der Partei zwischen Reformern und «Maoisten» vor dem anstehenden Wechsel der Führungsspitze zu Tage treten. Es gab sogar Gerüchte über einen Putschversuch.

Der ausschweifende Sohn

Der Skandal warf zudem ein Schlaglicht auf die Korruption in China, die bis in allerhöchste Führungszirkel reicht. Offiziell verdienen Parteibonzen nur ein bescheidenes Gehalt, dennoch besuchen ihre Kinder die teuersten Schulen im Ausland. Das gilt auch für Sohn Bo Guagua, der an der britischen Elite-Uni Oxford studierte und derzeit die renommierte Harvard-Universität in den USA besucht. Der 24-Jährige durch seinen ausschweifenden Lebensstil auf. Zu einem Date mit der Tochter des US-Botschafters in Peking erschien er in einem Ferrari, in Harvard wurde er am Steuer eines Porsches gesehen.

Die chinesische Regierung toleriere ein gewisses Ausmass an Korruption unter Topkadern und ihren Angehörigen, so lange sie das Rampenlicht meiden, sagte ein ehemaliger Funktionär der «New York Times». Das Verhalten des jüngeren Bo sei jedoch «eklatant» gewesen: «In Oxford gegen einen Zaun urinieren, ausländische Mädchen küssen – das kommt in China schlecht an.» Seit dem Skandal um seine Eltern ist auch Bo Guagua auf Diskretion bedacht – Fragen von Medien beantwortet er nicht.

Mit Material von SDA

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