ItalienEin kühles Blondes aus dem Knast
Als Teil eines Resozialisierungprogrammes brauen Sträflinge im Gefängnis von Saluzzo Feinschmecker-Bier. Das Gebräu wird in Europa und in den USA verkauft.
- von
- mgi
(Video: APTNVideo)
Italien gilt als Land des Weines oder des Grappas. Umso erstaunlicher ist es, dass eines der besten Biere des Landes aus einer Strafanstalt kommt. In der kleinen Stadt Saluzzo, in der Nähe von Turin, werden Gourmet-Biere gebraut, die es in sich haben.
Die Geschichte begann mit Kaffee. Die soziale Kooperative Pausa Cafè war am Anfang nur eine Kaffe- und Kakaorösterei. Im Rahmen eines Resozialisierungprogrammes kam dann aber eine Bierbrauerei dazu und das Programm hatte Erfolg. Insgesamt wurden bereits 30 Sträflinge beschäftigt, momentan sind es drei.
Laut Andrea Bertola, dem Braumeister von Pausa Cafè, ist kein einziger Sträfling wieder ins Gefängnis gewandert. Während der Zeit als Bierbrauer verdienen die Männer 850 Euro im Monat. Antonio, ein Insasse der Strafanstalt, ist schon seit mehreren Monaten im Programm involviert. «Natürlich ist es nicht dasselbe, in so einer Umgebung zu arbeiten, wie wenn man das in Freiheit tun würde. Es stärkt aber den Zusammenhalt. Wir leben zusammen, arbeiten zusammen und teilen gemeinsame Erlebnisse.»
Brauen auf hohem Niveau
Unter der Anleitung von Braumeister Andrea Bertola werden im Gefängnis von Saluzzo sechs Sorten Bier gebraut. Unter anderem ein feingehopftes Pils mit dem Namen P.I.L.S., das aus Saazer Hopfen hergestellt und zehn Wochen im Eichenfass gelagert wird. Ein weiteres heisst «Martina». Ein Bier, das nach Bananen und Trauben schmeckt und im Stile der traditionellen Trappisten gebraut wird. In den meisten ihrer Biere bedienen sie sich exotischer Ingredienzien wie Tapioka, Quinoa, Amaranth und Basmatireis (alles Fairtrade). Für ihr «Tosta», ein Barley Wine (starke Alesorte) mit 12,5% verwenden sie Kakao aus Puerto Rico.
Das Projekt gibt den Gefangenen nicht nur eine neue Perspektive im Leben. Das Bier erfreut sich in Europa und in Amerika auch grosser Beliebtheit. Davide Sallustio, ein Barkeeper aus Rom, der sich bereit erklärte, das Bier zu testen, sagt: «Es ist inspiriert durch die belgische Bierbrautradition. Ich schmecke einen Hauch Orange Curacao, Koriander und weitere Gewürze.» «Ob das Bier nun in einem Gefängnis produziert wird oder nicht, ich muss sagen, es ist ein gutes Bier», so ein anderer Konsument.
Sozialkompetenz durch Bier
«Ein Projekt wie dieses, ermöglicht es, nicht nur die Sträflinge richtig einzuschätzen, es gibt den Gefangenen auch die Möglichkeit, Sozialkompetenz zu erlangen, statt im Gefängnis nur auf ihre Entlassung zu warten. Des Weiteren gibt es einigen eine Garantie auf einen Arbeitsplatz», sagt Giorgio Leggieri, der Direktor der Strafanstalt Saluzzo.
Die Brauerei in Saluzzo stellt jährlich 100 000 Liter Bier her. Es wird an Lebensmittelgeschäft-Ketten und Feinschmeckergeschäfte in Italien verkauft und nach Norwegen, nach Amerika und nach Japan über die italienische Nahrungsmittelkette Eataly exportiert. (mgi/dapd)