Aadorf TG«Eine Morddrohung ist kein Schülerstreich»
Todesdrohungen können Schüler schwer belasten. Die Polizei und ein Jugendforscher erklären, wie ernst man solche Drohungen nehmen muss.
- von
- maz
In Aadorf TG werden Schüler per Brief und Social Media mit dem Tod bedroht (20 Minuten berichtete). Matthias Graf, Sprecher der Kantonspolizei Thurgau, und Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier sagen, weshalb es sich um keinen Spass handelt und wie gefährlich die Situation ist.
Muss man solche Morddrohungen ernst nehmen?
Graf: Ja, absolut. Morddrohungen muss man immer ernst nehmen. Das ist kein Spass, sondern eine Straftat.
Heinzlmaier: Jede Drohung ist ernst zu nehmen. Man sollte sofort zur Polizei gehen. Man hört in den Medien immer wieder von Amokläufen. Deshalb ist auf jeden Fall Vorsicht geboten.
Welche Auswirkungen haben solche Todesdrohungen auf die Psyche der Kinder?
Graf: Die Täter wissen meist nicht, was sie mit einer Drohung beim Opfer auslösen. Ich habe auch schon einen Fall erlebt, bei dem ein Opfer das Haus nicht mehr verlassen wollte.
Heinzlmaier: Die Kinder haben bestimmt Angst. Es kann sein, dass sich die Opfer zurückziehen, eine Angst vor dem Leben entwickeln und ständig das Gefühl haben, dass ein Feind präsent ist. Die Bevölkerung wird allgemein immer ängstlicher, was durch Drohungen nur noch verstärkt wird.
Was soll man als Elternteil, Schüler oder Lehrer tun?
Graf: Ist man betroffen, sollte man sich direkt mit der Polizei in Verbindung setzen. Als Schüler kann man die Eltern und Lehrer informieren. Diese informieren die Polizei. Hat man Beweismaterial, sollte man dieses unbedingt zur Polizei bringen. Ist es ein Brief, sollte man diesen nicht weiterreichen, da so Spuren wie Fingerabdrücke verwischt werden können. Die Polizei führt Befragungen durch, sichert Spuren und macht Abklärungen im Umfeld.
Wer könnte hinter den Drohungen stecken?
Graf: Täterprofile und Motive sind ganz unterschiedlich. Das kann man nicht pauschal beantworten.
Was motiviert Täter, Morddrohungen auszusprechen?
Graf: Es könnten Einschüchterungen sein, aber dies nehmen wir auch ernst. Es kann auch nur ein Jux sein, doch Drohungen sind nie ein Spass.
Heinzlmaier: Es gibt eine Vielzahl von Motiven. Gewisse Leute sprechen Morddrohungen nach Lust und Laune aus, um Chaos zu stiften.
Wenn es Gleichaltrige sind: Woher haben sie die Fantasien? Wo haben sie das aufgeschnappt und wie kamen sie auf die Idee, diese in die Tat umzusetzen?
Heinzlmaier: Es handelt sich nicht um Jugendliche, die tiefgründige Probleme haben, sondern um solche, die Muster nachahmen. Sie sehen zum Beispiel aus den Medien, dass Drohungen eine Wirkung haben. Sie übernehmen aus den Medien die problematische Sprache und werden in ihren Formulierungen selbst radikal. Diese Jugendlichen wollen Unruhe sehen und sind sich nicht im Klaren darüber, was sie damit auslösen.
Kann man hier noch von einem Jux sprechen?
Graf: Eine Drohung ist kein Schülerstreich, sondern eine Straftat. Es kam auch schon vor, dass sich diese später als Jux herausstellte. Eine Drohung ist aber immer ernst zu nehmen.
Heinzlmaier: Im Endeffekt sind viele Drohungen nur Spass. Dennoch muss man sie von Anfang an ernst nehmen und überprüfen.