Spengler Cup: Eine rosarote Zukunft für den Hockey-Zirkus

Aktualisiert

Spengler CupEine rosarote Zukunft für den Hockey-Zirkus

Der 84. Spengler Cup markierte den Beginn einer neuen Ära: Die Zeit des unbeschwerten Offensivspektakels ist vorbei. Bühne auf für die Erzrivalen Kanada und Russland.

Klaus Zaugg
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Klaus Zaugg
SKA St. Petersburg in Feierlaune: Der Spengler Cup geniesst mittlerweile auch in Russland einen hohen Stellenwert.

SKA St. Petersburg in Feierlaune: Der Spengler Cup geniesst mittlerweile auch in Russland einen hohen Stellenwert.

Erstmals seit 1962 wieder sechs Teilnehmer und zwei Schweizer Teams, ein neuer Modus – bereits durch den äusseren Rahmen zeigte das Turnier 2010, dass es nicht mehr so ist, wie es einmal war.

Auf den ersten Blick hat sich der Modus nicht bewährt: Der HC Davos hat nur drei Partien gegen zwei verschiedene Teams (zweimal Team Canada und Spartak Moskau) ausgetragen und nur eine Statistenrolle gespielt. Doch beim zweiten Blick zeigt sich: Der neue Modus ist perfekt. Früher verlor das Turnier nach drei Tagen seine Dynamik. Weil dann meistens zwei und manchmal drei Teams schon keine Finalchance mehr hatten. Das neue Format dynamisiert das Turnier nach zwei Tagen durch das «Cup-System» mit Viertelfinals, Halbfinals und Final. Allerdings geraten die Spieler mit fünf Partien in fünf Tagen (Team Canada wegen des Umweges über den Viertelfinal) an die Belastungsgrenze. Der HC Davos hingegen konnte mit drei Spielen in sechs Tagen Energie sparen und wird am 2. Januar beim Spitzenspiel in Bern die Spengler-Cup-Belastung nicht als Ausrede vorbringen können.

Servette präsentierte sich perfekt

Servette hat sich als Glücksfall erwiesen. Manager und Trainer Chris McSorley hat den Spengler Cup als Werbeplattform und als sportliches Schaufenster genutzt. Er brachte seinen Adler mit nach Davos und seine Mannschaft spielte auf Augenhöhe mit den Favoriten.

Dass Servette sportlich erfolgreich war und das Halbfinale gegen den späteren Turniersieger St. Petersburg nach einer 3:0-Führung erst in der Verlängerung verlor (3:4) ist ein Hinweis auf eine neue Entwicklung: Der Spengler Cup ist nicht mehr das Turnier des unbeschwerten Offensivspektakels. Jahrelang haben wir in Davos eher ein Showturnier gesehen mit offensivem Zirkus-Hockey, das es so in den richtigen Meisterschaften kaum mehr gibt: Der Sieg wurde nicht mit allen taktischen Mitteln angestrebt, die Spiele genossen freien offensiven Ausgang (auf dem Eis, manchmal auch am Abend in den Bars) und der Unterhaltungswert war hoch.

Diese Ausgangslage hat sich verändert. Inzwischen wird bis auf die Innenseite der Klodeckel so ziemlich jede Werbefläche genutzt, der Vermarktungsriese IMG holt jeden Franken aus dem Turnier heraus und der HC Davos erwirtschaftet durch die IMG-Garantiesumme und die Zuschauereinnahmen aus dem Turnier einen Gewinn von gut und gerne drei Millionen. Der Treibstoff dieser beeindruckenden Reklamemaschine ist die TV-Präsenz und die ist inzwischen so gross wie noch nie: Die Partien werden live auch nach Russland und nach Kanada übertragen und diese TV-Bilder sind schlicht und einfach höchste TV-Kunst. Das Schweizer Fernsehen versteht den Spengler Cup als Herausforderung hat aus dem Turnier im positiven Sinne eine Hockey-TV-Show gemacht. Die Qualität der Übertragungen ist weltweit unerreicht: Nicht einmal die NHL produziert so gute TV-Bilder und die Kommentatoren sind kompetent. Rund um die Spiele ist ein Unterhaltungsprogramm aufgebaut worden (inkl. Kurzinterviews auf der Spielerbank), das Puritanern zu weit geht, für den Spengler Cup jedoch gerade richtig ist: Es geht ja darum, das Eishockey zu verkaufen.

Die Taktik auf dem Siegeszug

Der Spengler Cup wird heute besser vermarktet als je zuvor und hat die grösste TV-Reichweite seiner Geschichte erreicht. Das Turnier steht im globalen Schaufenster der Hockey-Welt und der Sieg bringt Ehre und Ruhm. Das hat sportliche Auswirkungen: Der Jahrmarkt Spengler Cup wird nun durch zu viel taktischen Eitelkeiten geprägt: Schluss mit lustig. Das Primat des Sieges diktiert die Taktik. Wie im richtigen Eishockeyleben achten die Coaches jetzt auch beim Spengler Cup in erster Linie auf eine stabile Defensive. Typisch für diesen Trend waren die beiden letzten Partien der Kanadier im Halbfinal gegen Davos (4:0) und im Finale gegen St. Petersburg (3:4).

Die Russen feiern nun Silvester im Eisdom. Der VIP-Palast wird extra für die grosse Feier offen gehalten. Auch nächstes Jahr werden zwei KHL-Teams das Turnier prägen. Die KHL hat den Spengler Cup als Marketingplattform entdeckt und vor dem Turnier ist ja zwischen den zwei russischen Spengler Cup-Teilnehmern erstmals ausserhalb des ehemaligen Ostblockes ein offizielles KHL-Spiel ausgetragen worden. Das soll auch künftig so sein.

Kanada gegen Russland auf dem Präsentierteller

Der Spengler Cup profitiert vom Interesse der Russen und wird zur Bühne der grössten Rivalität im Welteishockey: Kanada gegen Russland. Mit dem HC Davos in der Aussenseiterrolle.

Neu sechs Teams, neu zwei Teams aus der Schweiz und Russland, ein neuer Modus – der Spengler Cup 2010 markiert den Neubeginn einer neuen, noch erfolgreicheren Ära. Der Spengler Cup ist sportlich, politisch und wirtschaftlich so stark wie nie und die Zukunft des Turniers ist rosarot. Da spielt es keine Rolle, wenn ein wenig defensiver gespielt wird.

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