Neue Lernphase: Ein Jahr mit dem «L» – Junglenker sind genervt

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Neue LernphaseEin Jahr mit dem «L» – Junglenker sind genervt

Wer noch nicht 20 Jahre alt ist, darf künftig erst nach 12-monatiger Lernphase an die Autoprüfung. Das frustriert Junglenker.

Pascal Michel
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Pascal Michel
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Ab Januar 2021 dürfen sich bereits 17-Jährige den Lernfahrausweis holen.

Ab Januar 2021 dürfen sich bereits 17-Jährige den Lernfahrausweis holen.

imago images/Felix Jason
Wer jedoch unter 20 Jahre alt ist, muss erst eine Lernphase von zwölf Monaten absolvieren, ehe er sich an die praktische Prüfung anmelden kann.

Wer jedoch unter 20 Jahre alt ist, muss erst eine Lernphase von zwölf Monaten absolvieren, ehe er sich an die praktische Prüfung anmelden kann.

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Das stört SVP-Nationalrat Mike Egger. Er will diese Lernphase per Motion wieder streichen.

Das stört SVP-Nationalrat Mike Egger. Er will diese Lernphase per Motion wieder streichen.

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Darum gehts

  • Seit Januar gilt für Lernfahrer unter 20 Jahre die Lernphase.

  • Sie dürfen erst an die praktische Prüfung, wenn sie 12 Monate in Begleitung gefahren sind.

  • Betroffene und Politiker üben Kritik.

  • Der Bund argumentiert, mehr Praxis erhöhe die Sicherheit.

Das Jahr 2021 brachte für Neulenker eine gewichtige Neuerung: Mit bestandener Theorieprüfung können sie den Lernfahrausweis bereits mit 17 Jahren beantragen. Bisher war dies erst bei Volljährigkeit möglich. Neu müssen jedoch angehende Autofahrer unter 20 vor der praktischen Prüfung mindestens eine Lernphase von einem Jahr absolvieren. Wer also nicht gleich mit 17 den Lernfahrausweis macht, kann nicht wie bisher mit 18 Jahren und einigen Fahrstunden die Prüfung ablegen.

Der neue Ablauf ist in dieser Grafik dargestellt:

Strassenverkehrsamt Zug

Die 19-jährige Chiara hat dafür gar kein Verständnis. «Um die Lernphase zu umgehen, werde ich jetzt erst nach meinem 20. Geburtstag für den Lernfahrausweis anmelden», sagt sie zu 20 Minuten. Sie gibt zwar zu, dass sie schon jetzt loslegen könnte. Aber: «Es ist einfach unnötig, dass ich dann ein Jahr lang nur begleitet fahren dürfte.» Macht sie den Lernfahrausweis erst nach dem 20. Geburtstag, könnte sie sich nach erfolgreichen Fahrstunden sofort zur Prüfung anmelden und danach selber mit dem «grünen L» fahren.

SVP-Egger reicht Motion ein

Mit ihrem Frust stösst Chiara bei bei Politikern auf offene Ohren. SVP-Nationalrat Mike Egger sagt: «Damit werden einmal mehr die Junglenker abgestraft», sagt er zu 20 Minuten. Er reicht deshalb im Nationalrat eine Motion ein, um die Lernphase wieder abzuschaffen.

«Mit dieser neuen Regelung werden neu alle jungen Lernfahrer, die ihre Theorieprüfung nicht schon mit 17 Jahren ablegen möchten, massiv schlechter gestellt.» Egger stört sich vor allem an der Diskriminierung der 18- bis 20-Jährigen, für welche die 12-monatige Lernphase im Vergleich zur bisherigen Regelung neu auch gelten soll. Die zusätzlich gewonnene Fahrpraxis ist für ihn kein Argument.

Das sieht auch der Schweizerische Fahrlehrerverband so: «Wenn die Junglenker dadurch wirklich mehr Fahrpraxis erlangen, wäre die einjährige Lernphase positiv», sagt Präsident Michael Gehrken. «Wir befürchten aber, dass es eher so sein wird, dass man den Lernfahrausweis mit 17 Jahren rasch bestellt und danach längere Zeit zuwartet, bis man mit den Lernfahrten dann auch effektiv anfängt.»

Erst Analyse abwarten

Auch FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt (26) beurteilt das «Warteregime» von 12 Monaten kritisch. «Fähige Autolenker, die volljährig sind, sollen nicht unnötigerweise auf der Wartebank Platz nehmen.» Es gebe auch bei Jungen aus beruflichen oder schulischen Gründen dringende Gründe, wieso man auf ein Auto angewiesen sei.

Er will jedoch zuerst die Erkenntnisse aus dem neuen System abwarten, bevor man es schon wieder ändert. Er hebt aber auch die positiven Aspekte der Revision hervor: So muss nur noch ein statt zwei Wiederholungskurse (WAB) absolviert werden.

Mehr Sicherheit durch Praxis

Pro 100 Millionen gefahrenen Personenkilometer gibt es bei dieser Gruppe durchschnittlich 3,1 schwere Personenschäden mit Schwerverletzten oder Toten. Bei den Älteren beträgt dieser Wert 1,3.

«Erkenntnisse aus europäischen Ländern wie Österreich, Deutschland und Schweden zeigen, dass das Anfängerrisiko erheblich gesenkt werden kann, je länger eine Person sich begleitet im Verkehr bewegt und so unentbehrliche Erfahrungen in einem geschützten Rahmen erwerben kann», sagt Astra-Sprecher Thomas Rohrbach.

Eine Befragung aus Deutschland zeigt: Mehr als 80 Prozent der eingeschriebenen 17-Jährigen empfehlen dieses Modell uneingeschränkt. Sie betonten die positiven Wirkungen auf das subjektive Sicherheitsempfinden sowie auf den Fahrerfahrungsaufbau in der Begleitzeit. Im deutschen Modell kann der Führerschein bereits mit 17 Jahren gemacht werden, bis 18 Jahre darf aber nur in Begleitung gefahren werden.

Wie gross der Erfolg der Schweizer «Lernphase» sein wird, zeigt sich spätestens in drei Jahren. Dann muss das Verkehrsdepartement von Simonetta Sommaruga eine Auswertung dazu vorlegen.

Das kostet die Fahrprüfung

Lernfahrausweis, Prüfungsgebühr, Fahrstunden sowie der Weiterbildungskurs: Der Weg bis zum Führerausweis kann steinig sein – und teuer. Die Preise können regional sehr unterschiedlich ausfallen. Einen Preisrechner liefert die Plattform fahrlehrer.ch. Für den Kanton Zürich ergeben sich mit 25 Fahrstunden sowie allen Gebühren Kosten von rund 3500 Franken. Wie tief Sie in ihrem Kanton in die Tasche greifen müssen, sehen Sie hier.

Auch wenn sich die Anforderungen sowie die Verkehrsverhältnisse in den letzten Jahrzehnten verändert haben, seien die Preise im Verhältnis stabil geblieben, heisst es bei den Fahrlehrern. «Insgesamt stellen wir fest, dass sich die Preise für Fahrstunden in den letzten 20 Jahren im Vergleich zur allgemeinen Preisentwicklung kaum merklich verändert haben. In gewissen Bereichen sind die Preise sogar eher günstiger geworden», sagt Michael Gehrken vom Fahrlehrerverband. Er nennt dabei etwa die Vorbereitung für die Theorieprüfung, die heute durch Apps günstiger sei.

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