Aktualisiert

Eisbären schiessen als Touristenattraktion

Die Proteste der Tierschützer scheinen Grönlands Behörden nicht zu beeindrucken: Touristen sollen künftig Eisbären jagen und ihr Fell als Souvenir behalten dürfen.

Von dem Geld sollen vor allem die einheimischen Berufsjäger profitieren - indem sie den Touristen beim Erlegen der Tiere helfen. Bislang erlaubt nur Kanada ausländischen Besuchern die Eisbärenjagd.

Jetzt will Grönland nachziehen: Die Lokalregierung in Nuuk plant, im Frühjahr ein entsprechendes Dekret auf den Weg zu bringen. Fischerei- und Jagdminister Rasmus Frederiksen rechnet damit, dass die Regelung im Sommer in Kraft tritt, pünktlich vor Beginn der Jagdsaison am 1. September.

Selbst Umweltminister Jens Napaattoq stellt sich nicht quer: 30 Eisbären sollen Touristen pro Jahr erlegen dürfen. Das geplante Dekret ist die Antwort auf jahrelange Forderungen von Jägern nach staatlichen Hilfen. 2700 der gut 56 000 Einwohner des autonomen dänischen Gebiets sind Berufsjäger.

Klimawandel bedroht Eisbären

Doch ihre Existenz ist bedroht, weil die Zahl der Eisbären aufgrund des Klimawandels merklich zurückgegangen ist: Das Treibeis am Nordpol ist nach Expertenberechnungen in den vergangenen 20 Jahren bereits um 17 Prozent abgeschmolzen.

Damit wird nicht nur der Lebensraum der Tiere kleiner, sondern sie haben auch immer grössere Schwierigkeiten, an Nahrung wie Seehunde und Walrosse zu gelangen. Angesichts der schrumpfenden Bärenbestände haben vor allem die rund 500 Jäger im Norden der Insel mittlerweile Probleme, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

278 Eisbären wurden im Jahr 2003 erlegt, wie der Vorsitzende des grönländischen Fischerei- und Jagdverbands, Leif Fontaine, sagt. Er hat nichts gegen die geplante Quote: «Wir haben schon Souvenirquoten für Moschusochsen - warum also nicht auch für Bären? « Tatsächlich scheint sich die gesamte Insel einig zu sein, dass das Dekret eine gute Sache ist.

Brigitte Bardot: «Massaker an mythischem Symbol»

Auf taube Ohren stiess daher ein Protestschreiben der Tierschutzaktivistin Brigitte Bardot. Die Inselbewohner sind ohnehin nicht gut auf das ehemalige Leinwandidol zu sprechen, seit sie in den 80er Jahren eine Kampagne gegen die Jagd auf Seehundbabys führte.

In einem Offenen Brief an die dänische Königin Margrethe II. schrieb die 70-jährige Bardot jetzt, das geplante Gesetz sei ein «Massaker an dem mythischen Symbol des Hohen Nordens».

Das Schriftstück könne nicht ernst genommen werden und zeige «eine totale Verkennung der Wirklichkeit», sagt dagegen Fontaine. Die Eisbären seien nicht so sehr durch einige Schüsse von ohnehin naturverbundenen Jägern gefährdet, sondern vielmehr durch Umweltverschmutzung und Klimawandel.

Chemiekalien hemmen Fortpflanzung

Experten geben ihm Recht: In den nächsten hundert Jahren werde die Durchschnittstemperatur in der Arktis um drei bis neun Grad ansteigen, das Inlandseis werde in 200 bis 400 Jahren abgeschmolzen sein, prognostizierten Fachleute bei einem Treffen in Nuuk im vergangenen September.

Die Umweltorganisation WWF warnte vergangenes Jahr ausserdem, dass die 22 000 bis 27 000 Eisbären in der Arktis durch Chemikalien in der Umwelt ernsthaft gefährdet seien.

Sie schädigten das Immmunsystem der Tiere und beeinträchtigten ihre Fortpflanzungsfähigkeit. Schlechte Aussichten also für die weissen Vierbeiner - Eisbärenjagd hin oder her.

(sda)

Deine Meinung