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Ekel-Fleisch: Der Skandal weitet sich aus

Die ermittelnden Behörden in Niedersachsen fanden in einem Kühlhaus weitere 30 Tonnen ungeniessbares Fleisch. Erhebliche Mengen des Ekel-Fleisches wurden verkauft.

Die nach dem jüngsten Fleischskandal in Nordrhein-Westfalen angelaufenen Ermittlungen ziehen immer grössere Kreise. Insgesamt geht es inzwischen um 200 Tonnen Fleisch, die nach ersten Untersuchungen überlagert und nicht mehr geniessbar sind, aber auch um Schlachtabfälle. Beteiligt sind Firmen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg. Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer bezeichnete die Vorgänge als «nicht akzeptabel».

Der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Eckhard Uhlenberg berichtete am Mittwoch vor dem zuständigen Landtagsausschuss über den Stand der Ermittlungen. Danach wurden bei der Gelsenkirchener Firma Domenz inzwischen neben 60 Tonnen Rindfleisch in einem Kühlhaus in Gelsenkirchen noch weitere wahrscheinlich verdorbene Ware gefunden. So lagern in einem Kühlhaus in Melle bei Osnabrück nach Angaben des CDU-Politikers insgesamt 90 Tonnen fragwürdiges Fleisch. Zunächst war von 60 Tonnen die Rede gewesen. Von 16 ersten Proben seien elf beanstandet worden.

Elf Tonnen Ware von Domenz wurden in Hamburg sichergestellt. Erste Tests hätten allerdings keine besonderen Auffälligkeiten ergeben. «Es ist nicht so, dass das Fleisch zum Himmel gestunken hat», sagte der Sprecher der Hamburger Verbraucherschutzbehörde, Hartmut Stienen. Sicherheit über den Zustand gebe es aber erst nach den abschliessenden Untersuchungen im Labor.

Nach Angaben aus Niedersachsen stammen die in Melle beschlagnahmten 90 Tonnen Fleisch ursprünglich aus Deutschland, Brasilien, Dänemark, Spanien und Italien. Zum Teil handele es sich um Schlachtabfälle vom Schwein und Separatorenfleisch von Puten, die ohnehin nicht als Lebensmittel verwendet werden dürften. Beschlagnahmt habe man auch Rind-, Pferde und Hühnerfleisch. Nach den Angaben des Ministeriums in Hannover gehört ein Teil des Bestandes einer Firma aus Baden-Württemberg.

Erhebliche Mengen der zweifelhaften Ware sind nach den Worten Uhlenbergs zumindest in Nordrhein-Westfalen weiterverkauft und schliesslich in Form von Döner oder Bratwürsten in die Mägen der Verbraucher gelangt. Uhlenberg berichtete vor dem Ausschuss, die Firma Domenz habe nach Angaben der Stadt Gelsenkirchen im Jahr 2005 bisher 38,7 Tonnen Fleisch und Fleischerzeugnisse an Betriebe in der Stadt geliefert. Davon wurden nur knapp drei Tonnen sichergestellt.

Uhlenberg berichtete, der Gelsenkirchener Händler habe sein Fleisch von mehreren Firmen in Deutschland bezogen. Die Behörden in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg seien bereits am Freitag verständigt worden. Nach ersten Ermittlungen handele es sich in Baden-Württemberg um eine Firma, die auch mit Fleischabfällen handele.

Seehofer fordert Meldepflicht

Die Behörden in Schleswig-Holstein hätten mitgeteilt, dass Domenz von einer Firma Thomsen schon Anfang 2004 Putenhackfleisch aus Dänemark geliefert bekommen habe, das ausweislich eines Begleitschreibens «keine Mindesthaltbarkeit mehr hatte und dem menschlichen Verzehr nicht zugeführt werden durfte». Thomsen hätte das Fleisch nach den Worten Uhlenbergs aber auch gar nicht ausliefern dürfen. Die Staatsanwaltschaft sei eingeschaltet.

Uhlenberg kündigte erneut schärfere Kontrollen vor allem der Kühlhäuser und eine straffere Organisation der Lebensmittelüberwachung an. Die Staatsanwaltschaft Essen will nach Angaben ihres Sprechers den Besitzer der Firma Domenz noch in dieser Woche erneut vernehmen.

Der neue Verbraucherschutzminister Seehofer kündigte eine bessere Koordination der Lebensmittelüberwachung an und forderte stärkere Eigenkontrollen der Unternehmen. «Nur mit schnellem bundeseinheitlichen Handeln und einer Meldepflicht für Unternehmen, denen schlechte Ware angeboten wird, kann diesem Unwesen begegnet werden», erklärte Seehofer. Er bat die Länder um eine schnell Aufklärung, ob es sich um eine Häufung von Einzelfällen handele oder um ein systematisches Problem. (dapd)

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