Edelweiss-Luftschiff: Endlich mal mit offenem Fenster fliegen

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Edelweiss-LuftschiffEndlich mal mit offenem Fenster fliegen

Edelweiss Air hat sich ein originelles Werbemittel angeschafft: ein Luftschiff. Nur neun Piloten weltweit können das Fluggerät steuern. Am Schweizer Himmel ist es eine Rarität.

C. Landolt
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C. Landolt

Abheben mit dem Edelweiss-Zeppelin: Wie das geht, sehen Sie auf dem Video des Erstflugs. (Video: Vincent Freigang).

Während des Fluges das Fenster zu öffnen, ist eigentlich keine gute Idee. Im Neuzugang der Flotte der Schweizer Ferienairline Edelweiss geht das aber. Der 75 Meter lange Zeppelin ist zwar grösser als ein Airbus A380 aber mit 60 Stundenkilometern Geschwindigkeit und 60 Metern Flughöhe ein gemütliches Fahrzeug. In der Gondel kann man sich schon kurz nach dem Start frei in der Kabine bewegen und aus den Fenstern winken. Bis zu zwölf Personen haben im 17 Meter hohen und 8 Tonnen schweren Luftschiff Platz. Elf, wenn der Treibstofftank voll, zwölf, wenn er nur halb voll ist. 900 Kilogramm dürfen die Passagiere zusammen wiegen.

Am Steuer sitzen Lars Pentzek und Fritz Günther. Sie sind bei der Zeppelin Lufttechnik im deutschen Friedrichshafen angestellt und zwei von neun Piloten auf der ganzen Welt, die das Luftschiff überhaupt steuern dürfen. «Es gibt mehr Space-Shuttle-Piloten auf der Welt als Zeppelinpiloten», sagt Fritz Günther zu 20 Minuten. Zeppelinfliegen sei eine Kunst. Steuern müsse man ihn wie ein Flugzeug, starten und landen wie ein Luftschiff und in der Luft schwebe es wie ein Helikopter. Das bedingt eine lange Ausbildung: Den Pilotenschein, Helikoptererfahrung, 1000 Flugstunden und eine 18monatige Ausbildung zum Luftschiffpiloten.

Ein teures Geburtstagsgeschenk

Günther und Pentzek fliegen bis Ende August im Auftrag der Fluggesellschaft Edelweiss, die ihren 20. Geburtstag mit zwölf Passagierflügen an sechs verschiedenen Standorten der Schweiz feiern.

«Wir wollen mit dieser Werbeaktion zeigen, wie atemberaubend die Schweiz ist», sagt Bernd Bauer, CEO von Edelweiss. «Mit Edelweiss fliegen wir unsere Gäste in die Ferien, mit dem Zeppelin zeigen wir ihnen, wie schön es zuhause ist.» Das lässt sich die Fluggesellschaft etwas kosten: Das Flugzeug, die Infrastruktur, die Crew sowie das ganze Bewilligungsverfahren mit dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) kommt von der Zeppelin-Lufttechnik in Friedrichshafen. Wie viel das gekostet hat, will er nicht sagen. «Ein Geschenk ist ein Geschenk». Insider gehen von einem siebenstelligen Betrag aus.

Nicht nur Edelweiss setzt auf das ungewöhnliche Werbegerät. Doch dass vor wenigen Wochen die Telekommunikationsgesellschaft Salt mit einem Banner in Zeppelinform Werbung gemacht hat, sei reiner Zufall, so Bauer. Zudem war der Salt-Flieger gar kein richtiger Zeppelin, sondern ein so genanntes Prall-Luftschiff, das keine Passagiere transportieren kann. Die Zeppelin-Hersteller aus Friedrichshafen werden denn auch nicht müde, daran zu erinnern, dass die Prall-Luftschiffe eher einem Heissluftballon gleichen würden. «Im Gegensatz zu Ballons, die in der Regel nur über Funk verfügen, hat der Zeppelin Funk und Transponder. Zudem ist er dank seiner Grösse gut für andere Flugzeuge sichtbar», erklärt Bazl-Sprecher Urs Holderegger ausserdem.

Mit Helium gefüllt

So ein Zeppelinflug sei eine Rarität. Entsprechende Anfragen könne man an einer Hand abzählen. Die Flüge des Edelweiss-Zeppelins sind noch bis Ende August bewilligt.

Wer bei dem Wort Zeppelin zunächst an die Explosion der legendären Hindenburg denkt, liegt falsch. Denn anders als die Hindenburg, die am 6. Mai 1937 bei der Landung in New Jersey explodiert ist, ist der Edelweiss- Zeppelin mit 7300 Kubikmeter nicht entzündbarem Helium gefüllt. Damals flogen die von den Nazis in Szene gesetzten Luftschiffe mit Wasserstoff, was zu dem Inferno mit 36 Toten führte.

Fliegt oder fährt der Zeppelin?

Der Zeppelin startet mit einer statischen Schwere von etwa 400 Kilogramm, ist also schwerer als Luft. Man spricht deshalb vom Fliegen. Heissluftballone dagegen fahren, weil sie leichter als Luft sind. Der Zeppelin steigt unter Zuhilfenahme seiner drei Triebwerke, anders als zum Beispiel ein Ballon, der ausschliesslich mittels Helium oder Heissluft steigt. Nicht jedes Luftschiff ist ein Zeppelin. Blimps sind beispielsweise Luftschiffe ohne innere Struktur - sie erhalten ihre Form nur durch den Überdruck des Gases. Zeppeline haben in ihrem Inneren dagegen eine Struktur aus Trägern, an denen auch die Gondel und die Motoren angebracht sind.

Teurer Spass:

Mit dem Zeppelin NT mitzufliegen sei erschwinglich, ihn zu kaufen, bedeute eine hohe Investition, heisst es bei der Zeppelin-Reederei in Friedrichshafen. Da ist der Anschaffungspreis von rund zwölf Millionen Euro. Eine Halle muss vorhanden sein. Er braucht speziell ausgebildetes Personal – einen Piloten auf ein Luftschiff umzuschulen koste 130'000 Euro. Ein Käufer müsse sich darüber im Klaren sein, dass 1200 Flugstunden pro Jahr erforderlich sind, damit sich das Produkt rechnet.

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