Mörgelis Zukunft: «Er hat kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt»

Aktualisiert

Mörgelis Zukunft«Er hat kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt»

Nationalratssitz weg, Job weg: Wie Christoph Mörgeli seine Rechnungen in Zukunft bezahlt, ist unklar. Seine SVP-Parteifreunde fühlen mit ihm – und es gibt Hoffnung.

von
som

Es war die Überraschung des Wahlsonntags: die Abwahl von Christoph Mörgeli, nachdem er für die SVP 16 Jahre im Nationalrat politisiert hatte. Während der 55-Jährige lediglich auf Twitter schrieb, dass er seine Abwahl bedauere und für 20 Minuten nicht erreichbar war, reagieren seine Parteikollegen schockiert. «Es tut mir sehr leid für ihn – vor allem nachdem er so hinterhältig aus seinem Job gemobbt wurde», sagt etwa der neu gewählte Zürcher SVP-Nationalrat Claudio Zanetti.

Tatsächlich verlor Mörgeli schon 2012 seine Arbeit an der Universität Zürich, nachdem die interne Kritik am Zustand seines medizinhistorischen Instituts öffentlich geworden war. Dass er nun auch in Bern nicht mehr politisieren darf, findet Ulrich Schlüer «bitter». Er weiss, wovon er spricht: Der SVP-Politiker wurde vor vier Jahren selber aus dem Nationalrat abgewählt.«Das ist kein gutes Gefühl», sagt der Chefredaktor der konservativen Zeitung «Schweizerzeit»: «Im Vergleich zu ihm hatte ich damals aber noch eine Arbeit.» Es sei gut möglich, dass Mörgeli jetzt in ein Loch falle.

Mandat bringt rund 130'000 Franken pro Jahr

Wie sich der Medizinhistoriker nun über Wasser hält, kann keiner seiner Parteikollegen beantworten. Für den Politologen Louis Perron ist aber klar: «Eine Abwahl aus dem Nationalrat ist finanziell schwierig.» Vor allem, da man im Gegensatz zu Politikern in der Exekutive keine Rente erhalte. Nun muss Mörgeli auf etwa 130'000 Franken verzichten, die ein Nationalrat pro Jahr erhält.

Hinzu kommt, dass Mörgelis berufliche Zukunft mehr als unsicher ist. Headhunter Frank Zwicky, Schweiz-Chef des Executive-Search-Unternehmens IESF, glaubt jedenfalls, dass er auf dem offiziellen Arbeitsmarkt kaum eine Chance hat: «Er ist dermassen in der Öffentlichkeit exponiert, in einem normalen Rekrutierungsprozess hätte er keine guten Karten.»

Mörgeli hat ein gutes Netzwerk

Trotzdem sei Mörgelis Situation nicht hoffnungslos, da er über ein gutes Netzwerk verfüge und im Vergleich zu anderen Politikern einen beachtlichen beruflichen Leistungsausweis besitze. «Die Leute wissen zudem, dass sein Rausschmiss bei der Uni Zürich nicht nur sein Fehler war», sagt Zwicky.

Laut Zwicky könnte Mörgeli auch bei seinen Parteikollegen unterkommen. Einen Job bei Magdalena Martullo-Blochers Ems-Chemie wäre dabei nur eine Möglichkeit: «Ich würde ihn vor allem in der Beratung sehen – etwa im Umfeld von Universität oder Politik.» Auch was seine politische Laufbahn angeht, sei nicht alles verloren: «Vielleicht wird er ja in vier Jahren wieder gewählt, wenn Gras über die Sache gewachsen ist.»

Hilfe vom Bund für abgewählte Nationalräte

Abgewählte oder abgetretene Ratsmitglieder SVP-Nationalrat Mörgeli können beim Bund Überbrückungshilfe anfordern, wenn durch den Mandatsverlust finanzielle Engpässe drohen. Betroffen sind vor allem Berufspolitiker. Ob jemand eine Rente erhält, entscheidet die Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung (VD). Fällt der Entscheid positiv aus, können die ehemaligen Parlamentarier während höchstens zweier Jahre eine monatliche Rente beziehen. Diese darf nicht höher sein als die maximale AHV-Rente, wie Mark Stucki von den Parlamentsdiensten am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagte. Anspruchsberechtigt sind ehemalige Ratsmitglieder unter 65 Jahren.

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