Simis Ex-Trainer Schuster«Er riskierte sein letztes Hemd»
Ein aggressiver Sprung, die glatte Landung, zu viel Vorlage, die Bindung? Für Simon Ammanns Ex-Trainer Werner Schuster hatte sein Sturz viele kombinierte Ursachen.
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Es klingt fast zynisch zu sagen, Simon Ammann sei bei seinem Sturz in Bischofshofen beim letzten Springen der Vierschanzentournee noch glimpflich davongekommen. Eine schwere Gehirnerschütterung und starke Prellungen im Gesicht sind sicher keine Lappalie, aber angesichts der Bilder nach dem Sturz musste man mit noch viel schlimmeren Verletzungen rechnen.
In der deutschen Zeitung «Welt» hat Werner Schuster, Trainer der deutschen Skispringer, versucht, den Sturz des Schweizers zu analysieren. Schuster kennt den vierfachen Olympiasieger, seine Stärken und Schwächen nur zu gut, war er doch in der Saison 2007/08 Trainer der Schweizer Springer.
Ammann legte alles in diesen Sprung
Er sieht den fatalen Sturz als Folge verschiedener Punkte, die sich in diesem einen Moment aufsummiert hatten. Da sei einmal Ammanns sehr aggressiver Sprungstil, kombiniert mit der Tatsache, dass der Schweizer wirklich alles in diesen letzten Sprung gelegt habe, sagt Schuster. «Er wollte noch einmal einen Podestplatz, riskierte sein letztes Hemd, sprang unglaublich nach vorn und hatte eine extreme Vorlage, eine enorme Geschwindigkeit in seinem Sprung.» So sei er bei der Landung nicht mehr in die zentrale Position zurückgekommen.
Weil Ammann eben ein Topresultat erzielen wollte, habe er den Sprung einerseits bis zum Letzten ausgereizt, einen Telemark statt einer Sicherheitslandung gesetzt und sich dann nach der Landung vehement gegen einen Sturz gewehrt. Damit, so Schuster, habe er den Sturz aber nur hinausgezögert und sei so «im letzten und erdenklich ungünstigsten Moment dann doch gefallen». Hätte sich Ammann gleich fallen lassen, wäre ihm wohl nichts passiert, glaubt Schuster.
Wunderbindung bei Landungen schwieriger zu kontrollieren
Für den Ex-Trainer von Ammann könnte es noch eine weitere Ursache für dessen Schwierigkeit bei der Landung gegeben haben: das Material. Oder genauer, den gebogenen Bindungsstab. Für die Olympischen Spiele in Vancouver hatte Ammann zusammen mit seinem Team die sogenannte Wunderbindung entwickelt und mit dem Doppelolympiasieg eine kleine Revolution ausgelöst. Fast alle Springer verwenden heute dieses Element. In der Luft ermöglicht diese Bindung eine flachere Position, wodurch mehr Auftrieb und grössere Weiten entstehen. Bei der Landung aber kann diese Bindung Schwierigkeiten machen. Der hintere Fuss kann bei einem Telemark aus der Achse geraten und das Knie nach innen drücken. Dadurch wird es schwieriger, den enormen Druck bei der Landung gleichmässig auf beide Ski zu verteilen.
«Es ist händelbar», sagt Schuster, «aber wenn es glatt ist und du ein wenig die Balance verlierst, hast du grössere Schwierigkeiten als früher.»