Ab 2024In der Stadt Zürich soll künftig ein Mindestlohn von 23.90 Franken gelten
Die Sachkommission Sozialdepartement empfiehlt die Einführung eines Mindestlohns in der Stadt Zürich. 17’000 Tieflohnbetroffene sollen von einer Lohnerhöhung profitieren.
- von
- Daniel Krähenbühl
Darum gehts
Eine Mehrheit der Parteien im Gemeinderat will einen inflationsbereinigten Mindestlohn von 23.90 Franken pro Stunde einführen.
Das sind rund 4000 Franken pro Monat.
Rund 17'000 Tieflohnbetroffene in der Stadt Zürich können nun mit einer Lohnerhöhung rechnen.
Mindestlöhne gibt es bereits in den Kantonen Basel-Stadt, Genf, Neuenburg, Jura und Tessin.
SP-Co-Präsident Oliver Heimgartner rechnet damit, dass bürgerliche Parteien das Referendum ergreifen.
Rund 17’000 Personen in der Stadt Zürich verdienen bei vollem Pensum weniger als 4000 Franken pro Monat. Zwei Drittel der Betroffenen sind Frauen. Weil das Leben in der Stadt immer teurer wird, die Mieten weiter steigen und sich die Teuerungswelle im Portemonnaie bemerkbar macht, können sich viele Tieflohnbetroffene nur knapp über Wasser halten. Letztes Jahr hat daher ein Komitee aus linken Parteien, Gewerkschaften und Hilfswerken die Initiative «Ein Lohn zum Leben» eingereicht, die einen Mindestlohn von 23 Franken forderte. Der Stadtrat hat in der Folge einen Gegenvorschlag ausgearbeitet.
Am Mittwoch kam es in der Sachkommission Sozialdepartement (SK SD) nun zu einem richtungsweisenden Entscheid: Die Mitte und EVP-Fraktion hat sich zusammen mit den Fraktionen der SP, Grünen und AL und mit dem Initiativkomitee auf einen inflationsbereinigten Mindestlohn von 23.90 Franken pro Stunde geeinigt. Eine Ausnahme ist für unter 25-Jährige ohne abgeschlossene Erstausbildung vorgesehen. Gemäss Mitte- und EVP-Politikern hätte eine Streichung dieser Ausnahme die Berufsbildung geschwächt. Zudem gibt es für Betriebe, die in finanziellen Schwierigkeiten sind, eine Übergangsfrist von zwei Jahren.
SP rechnet mit Volksabstimmung
SP-Co-Präsident Oliver Heimgartner begrüsst den Kompromiss: «Er wird viele Tieflohnbetroffene in der Stadt Zürich entlasten – Angestellte bei Fast-Food-Ketten, von Reinigungsfirmen oder Angestellte im Detailhandel.» Gleichzeitig habe man den Mitte-Parteien grosse Zugeständnisse gemacht: «Die Ausnahme für unter 25-Jährige ohne abgeschlossene Ausbildung ist besonders schmerzhaft», sagt Heimgartner. Nun gelte es hinzuschauen, um sicherzustellen, dass jüngere Angestellte nicht ausgebeutet würden. «Es darf nicht sein, dass diese Ausnahme zu einem Schlupfloch wird, um das Mindestlohn-Gebot zu umgehen.»
Heimgartner geht davon aus, dass die Mindestlohn-Regel ab 2024 eingeführt wird. Zunächst werde es wohl aber eine Volksabstimmung dazu geben. «Ich gehe davon aus, dass FDP und SVP das Referendum ergreifen werden», sagt der SP-Politiker. «Ich bin aber zuversichtlich, dass wir in der Stadt Zürich eine Mehrheit der Bevölkerung vom Mindestlohn überzeugen werden.»
SVP hält sich bedeckt
Neben der GLP und FDP stellt sich auch die SVP gegen den Mindestlohn. «Ein Mindestlohn gefährdet Arbeitsplätze und schadet gleichzeitig dem Gewerbe», sagt SVP-Gemeinderätin Susanne Brunner. Ein kommunaler Mindestlohn – also einer, der nur in der Stadt gilt – sei zudem ein «bürokratischer Albtraum». «Etwa ein Malerbetrieb mit Sitz ausserhalb der Stadt muss nun schauen, wie oft die Mitarbeitenden in der Stadt tätig sind», sagt Brunner. Die bürokratischen Bürden seien enorm, die Kontrollen aufwendig.
Dass Staat und Politik nun in die privaten Belange von Unternehmen eingreife, sei schädlich – nicht zuletzt für die Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgebern und -nehmern, sagt Brunner. «Der Mindestlohn gilt auch in Betrieben mit einem GAV. Die Sozialpartnerschaft wird also unterhöhlt.» Diese «schädliche Entwicklung» sei abzulehnen. Ob die SVP nun das Referendum ergreifen werde, will Brunner nicht sagen. «Wir werden die Situation nun analysieren und zum gegebenen Zeitpunkt kommunizieren.»
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