Geheimaktenaffäre«Ernst begriffen» – das verrät Donald Trumps Körpersprache vor Gericht
Die Vorwürfe gegen Donald Trump sind heikler denn je, die Liste der Anklagepunkte ist lang. Ist sich der Ex-Präsident und Präsidentschaftsanwärter dessen auch bewusst?
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«Er ist ein Verbrecher»: Nachdem er im Gericht geschwiegen hatte, attackiert Donald Trump nach der Anhörung den Sonderermittler Jack Smith.
Darum gehts
Donald Trump musste in der Dokumentenaffäre in Miami erstmals vor Gericht erscheinen.
Einen Tag vor seinem 77. Geburtstag verfolgte er die Anhörung mit finsterer Miene und verschränkten Armen.
Trumps Körpersprache im Gerichtssaal sei «nicht entlarvend, sondern zweckgerichtet», sagt ein ehemaliger Berater.
Sein Auftreten deute darauf hin, dass Trump den Ernst der Lage verstand, beobachteten andere.
Als das Gericht eine Kautionsvereinbarung anbot, sei das für Trump «zutiefst demütigend» gewesen.
Draussen gab er den Donald Trump, wie man ihn kennt: laut, anklagend, sich keiner Schuld bewusst. Im Gerichtssaal aber, wo keine Kameras und elektronische Geräte zugelassen waren, schwieg der 77-Jährige, grimmig dreinblickend und mit verschränkten Armen, wie Anwesende übereinstimmend berichteten.
Zurückgelehnt, mit hängenden Schultern und gespitzten Lippen, sonst kaum einer Regung im Gesicht, muss Donald Trump während des knapp 50-minütigen Gerichtstermins puren Missmut verströmt haben.
«Das ist Trump, wenn er sich wünscht, woanders zu sein. Wenn er nicht in Kontrolle der Lage ist, wenn er gegen aussen vermitteln möchte, dass er ja gar nicht hier sein sollte», sagt Ty Cobb, ein ehemaliger Berater des Weissen Hauses zu Trumps Amtszeit bei «CNN« .
Kontrollverlust als Angeklagter
Und weiter: «Er versucht, die Dynamik zu dominieren, einfach, indem er sich entrüstet gibt.» Mit seiner Miene und seiner Körpersprache wolle Trump seine Macht demonstrieren. Sein Auftreten im Gericht sei «nicht entlarvend, sondern zweckgerichtet.»
Trumps Körpersprache im Gerichtssaal deutete darauf hin, dass er den Ernst der Lage verstand, beobachtete die «New York Times» im Saal und schreibt: «Es schien dem ehemaligen Präsidenten, dem es wichtig ist, die Kontrolle zu haben, unangenehm zu sein, als Angeklagter so wenig davon zu haben.»
Demütigende Kautionsvereinbarung?
Im Saal traf Trump zum ersten Mal überhaupt auch auf seinen Gegenspieler: Jack Smith ist der Sonderermittler, der ihm diese Anklage mit realen freiheitsrechtsrechtlichen Folgen eingebrockt hat. Er sass etwa sechs Meter entfernt.
Sonderermittler Smith sah laut «New York Times» zu, «wie drei Anwälte des Justizministeriums unter seiner Aufsicht Herrn Trump eine Kautionsvereinbarung anboten, um ihn auf eigene Verantwortung und ohne Kaution freizulassen, was respektvoll und entgegenkommend, aber auch zutiefst demütigend war.»
«Wenn nur die Hälfte stimmt, ist er Toast»
Nach etwa einer Dreiviertelstunde wurde Trump offenkundig ungeduldig und begann, seine Hände zu reiben und zu falten. Reporter, die die Szene beobachten, scherzten, Trump habe vielleicht Hunger und wolle in Ruhe in seinen 77. Geburtstag am Mittwoch hineinfeiern.
Und tatsächlich: Kurz nach dem Gerichtstermin machte Trump im schwarzen Konvoi einen Stopp in einem kubanischen Restaurant. «Essen für alle», rief Trump dort und sagte vor Reportern: «Ich finde, es läuft grossartig».
Das sehen angesichts der Beweislast in der Affäre um die entwendeten Geheimakten nicht viele so. William Barr, Trumps Parteikollege und ehemaliger Justizminister, formulierte es so: «Wenn nur die Hälfte der Anklagepunkte stimmt, ist er Toast.»
330 Geheimdokumente
Im Festsaal, im Badezimmer und der Dusche von Mar-a-Lago
Donald Trump ist wegen der Affäre um in seinem Privatanwesen Mar-a-Lago in Florida gehortete Geheimdokumente angeklagt. Dem republikanischen Ex-Präsidenten und Bewerber für die Präsidentschaftswahl 2024 wird unter anderem das illegale Aufbewahren von Geheimakten sowie eine Verschwörung zur Justizbehinderung zur Last gelegt. Trump hatte die Dokumente zum Ende seiner Amtszeit im Januar 2021 aus dem Weissen Haus nach Mar-a-Lago mitgenommen.
Insgesamt bewahrte Trump in dem Golfclub laut Anklage mehr als 330 Geheimdokumente aus seiner Zeit als Präsident auf. Es geht um Geheimdokumente unter anderem zu US-Atomwaffen, zu Militärplänen der USA, zu militärischen Fähigkeiten und Aktivitäten anderer Länder sowie zur Atomfähigkeit eines anderen Landes.
In der 49-seitigen Anklageschrift sind Fotos von eigentlich für das Nationalarchiv bestimmten Kisten enthalten, die in Mar-a-Lago aufbewahrt wurden: unter anderem in einem Festsaal, in einem Badezimmer und einer Dusche.
Neben dem illegalen Aufbewahren von Geheimdokumenten in 31 Fällen wird Trump unter anderem eine Verschwörung zur Justizbehinderung zur Last gelegt. Sollte Trump schuldig gesprochen werden, könnte ihm eine lange Gefängnisstrafe drohen.
Es ist die erste Anklage durch die Bundesjustiz gegen einen früheren Präsidenten in der US-Geschichte.
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