Kein Impfstoff für «Trödel»-Kantone?: «Es spielt eine Rolle, wann ein Risikopatient geimpft wird»

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Kein Impfstoff für «Trödel»-Kantone?«Es spielt eine Rolle, wann ein Risikopatient geimpft wird»

Die Kantone sollen erst dann wieder Impfstoff bekommen, wenn sie ihn auch gespritzt haben. Der Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz nimmt Stellung.

von
Daniel Waldmeier
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Der Basler Regierungsrat Lukas Engelberger ist auch Präsident der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren. 

Der Basler Regierungsrat Lukas Engelberger ist auch Präsident der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren.

Dominik Plüss / Tamedia AG
 «In Basel-Stadt könnten wir weit mehr impfen, wenn wir den Impfstoff schon hätten», so Engelberger.

«In Basel-Stadt könnten wir weit mehr impfen, wenn wir den Impfstoff schon hätten», so Engelberger.

20min / Steve Last
Nicht alle Kantone kommen mit dem Impfen gleich schnell voran. 

Nicht alle Kantone kommen mit dem Impfen gleich schnell voran.

20min/Simon Glauser

Herr Engelberger, mehrere Kantone sind beim Impfen im Rückstand (siehe Box). Jetzt sollen schnelle Kantone mehr Impfdosen ausgeliefert bekommen als langsame. Eine gute Idee?
Ich halte sie für prüfenswert. Klar ist: Es spielt eine Rolle, ob ein Risikopatient erst Ende März oder früher geimpft wird. Kantone, die bereit sind, mehr zu impfen, könnten Lieferungen vorbeziehen, damit kein Impfstoff liegen bleibt. In Basel-Stadt etwa könnten wir weit mehr impfen, wenn wir den Impfstoff schon hätten.

Wäre das nicht unfair? Risikopersonen hätten einen Vorteil, weil sie im richtigen Kanton wohnen.
Nein, denn die Kantone bezögen ihr Kontingent nur vor. Diese bekämen bei einer späteren Lieferung weniger Impfstoff zugeteilt. Man könnte beispielsweise vereinbaren, dass bis Ende März alles zurückgegeben sein muss. Es ist also eine Planungsüberlegung und keine Drohung gegenüber jenen Kantonen, die noch nicht so weit sind.

«Das Bewusstsein für die Dringlichkeit ist überall gross»

Lukas Engelberger

Manche Kantone stehen in der Kritik: Sie impften zu langsam. Wie zufrieden sind Sie mit den Impfkampagnen in den Kantonen?
Derzeit fehlt mir die Übersicht über alle Kantone. Ab kommender Woche sollte das BAG erste Zahlen veröffentlichen. Das ist wichtig, damit wir die Fakten haben. Einige Kantone haben mit einem späteren Beginn der Impfungen gerechnet, aber die Bevölkerung erwartet, dass der Impfstoff sofort verabreicht wird. Ich stelle jedoch fest, dass das Bewusstsein für die Dringlichkeit überall gross ist. Es werden jetzt überall enorme Efforts unternommen. Auch sind die Voraussetzungen nicht überall gleich. In einem Gebirgskanton ist die Organisation komplizierter als in einem kleinen Stadtkanton.

Im Tessin müssen wegen der neuen Virus-Variante 500 Schüler in Quarantäne. Müssen wir uns wegen der Mutation auf Massenquarantäne einstellen?
Es ist richtig, dass man probiert, die neuen Varianten forciert zu bekämpfen. Das kann dazu führen, dass man grossflächiger Quarantäne anordnet als bis anhin. Das Virus in Ketten zu legen, ist allerdings für das Contact-Tracing sehr anspruchsvoll. Berücksichtigt man auch die engen Kontakte der Kontaktpersonen einer positiven Person, wachsen die Kontakte im Quadrat.

Noch ein anderes Thema: Bilder des Ansturms auf die Skigebiete sorgten für Schlagzeilen. Sehen Sie Handlungsbedarf bei den Skigebieten?
Ich kann mir vorstellen, dass nach dem Schneefall auch tiefer gelegene Skigebiete besser frequentiert wurden. Sie hatten noch weniger Gelegenheiten, die Schutzkonzepte im Betrieb zu testen. Beim Skifahren ist man draussen, das ist ein Vorteil. Aber die Skigebiete müssen sicher aufpassen. Es ist in ihrem Interesse, die Schutzkonzepte konsequent umzusetzen, auch hinsichtlich der Skiferien. Denn sie wären wohl die nächsten, die schliessen müssten.

Diese Kantone impfen gemächlich

Bis am Donnerstag wurden laut Angaben des Bundesamts für Gesundheit (BAG) 66’000 Impfungen verabreicht. Verfügbar sind inzwischen schon 430’000 Dosen. Der Druck auf die Kantone wächst darum, beim Impfen einen Zacken zuzulegen. Laut der «NZZ am Sonntag» sind die Unterschiede zwischen den Kantonen gross. So hätten die Kantone Waadt, Wallis und Basel-Landschaft erst ein Viertel des Impfstoffs, den die Kantonsapotheke auf Lager hat, auch verabreicht. Basel-Landschaft reagierte via Twitter auf den Bericht. 50 Prozent seien für die zweite Impfung bestimmt. Das BAG publiziere am Dienstag vergleichbare Zahlen.

Im Kanton Tessin sind es laut der Zeitung dagegen mehr als 80 Prozent. Das BAG lobt dies als «ausserordentliches Resultat». Zu den Musterschülern zählen auch die Kantone Graubünden, Obwalden und Neuenburg. Der Kanton Zürich will bis Ende Januar die Hälfte der Dosen verwendet haben.

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