Mobbing und Sexismus«Es waren schlicht Lügen» – jetzt äussert sich Ex-«Magazin»-Chef zu den Vorwürfen
In einem Brief an Freunde und Bekannte hat der frühere «Magazin»-Chef Finn Canonica Stellung zu den Vorwürfen seiner ehemaligen Angestellten Anuschka Roshani bezogen.
- von
- Dominik Fischer
Darum gehts
Die frühere «Magazin»-Redaktorin Anuschka Roshani hat schwere Vorwürfe an Finn Canonica gerichtet.
Sie warf ihm in einem «Spiegel»-Text Mobbing und Sexismus vor.
Canonica schreibt nun, er fühle sich «maximal an den Pranger gestellt».
Viel wurde in den letzten Tagen über Finn Canonica geschrieben, seit die ehemalige Angestellte Anuschka Roshani im «Spiegel» schwere Mobbing- und Sexismusvorwürfe an den früheren «Magazin»-Chef richtete. Die deutsche Zeitung hatte die Vorfälle als «#MeToo im Schweizer Journalismus» betitelt.
Nun hat sich Canonica erstmals in einem Brief an seine Freunde und Angehörigen zu den Vorwürfen geäussert, der auch der 20-Minuten-Redaktion vorliegt. In seinem Brief wirft Canonica Roshani vor, ihm und seiner Familie mit dem Text «maximal zu schaden» wollen. Einige der Vorwürfe gibt Canonica im Text zu, zu anderen bezieht er nicht direkt Stellung.
«Es war ein Witz, den ich sehr bedaure»
Während der externen Untersuchung, die im Jahr 2021 eingeleitet wurde, sei er sieben Stunden lang befragt worden. Dazu schreibt er: «Mir wurden absurde Dinge vorgelesen, von denen Roshani behauptet habe, ich hätte sie gesagt. Es waren schlicht Lügen. Die Befragungen meiner Kolleginnen und Kollegen bestätigten meine Verneinungen. Alle sagten, sie hätten mich niemals solche oder ähnliche Dinge sagen hören.»
Zu den Hakenkreuzen, die er als Korrektur-Merkmal auf Texte von Roshani zeichnete, in denen sie deutsche anstatt Schweizer Begriffen verwendet hatte, sagt Canonica in dem Brief: «Aus heutiger Sicht würde ich das niemals mehr tun, es war ein Witz, den ich sehr bedaure.»
Dazu versucht er zu erklären: «Die Sprüche unter Journalist:innen sind oft derb, man nimmt sich hoch, man ist ein kleines Team, das sich gut kennt. Ähnlich wie eine Sportmannschaft. Diese Art von Humor war zwischen uns und allen anderen Kolleginnen normal.» Gemäss Canonica habe sich Roshani nie über die Hakenkreuze beschwert, sondern «diese mit Humor genommen».
«Kaum jemand war damals so sensibilisiert, wie man es heute ist»
Und: Gemäss Canonica habe Roshani ebenfalls Witze gemacht, die religiöse und ethnische Minderheiten betroffen hätten. «Im Nachhinein werfe ich mir vor, dass ich nicht genügend dafür gesorgt habe, dass solche Witze überhaupt nicht mehr gemacht werden. Ich spreche aber von Ereignissen, die zum Teil 15 Jahre her sind, kaum jemand war damals so sensibilisiert, wie man es heute ist», so der Ex-«Magazin»-Chef.
Zu der SMS, in der Canonica an Roshani schrieb: «Obwohl du eine Frau bist, hast du brilliert», sagt er: «Natürlich war das nicht ernst gemeint.» Stattdessen sei es ein ironischer Kommentar auf die noch immer gegenwärtige Ungleichbehandlung von Männern und Frauen in der Schweiz gewesen.
Des weiteren schreibt er: «Der Schlussbericht erklärte praktisch sämtliche Vorwürfe von Roshani als gelogen oder nicht nachweisbar.» Der Bericht habe zudem erwähnt, wie grosszügig Canonica gegenüber Roshani gewesen sei. So habe er ihr «ein halbes Jahr Sabbatical bei voller Bezahlung in London» gewährt. Aussderdem habe der Bericht festgestellt, «dass die Arbeitsatmosphäre unter meiner Leitung von allen befragten Redaktorinnen und Redaktoren als ausgesprochen gut empfunden wurde».
Canonica fühlt sich «maximal an den Pranger gestellt»
Der Bericht habe Canonica «in eine schwere Depression» gestürzt. Danach habe er nicht mehr in dem Unternehmen tätig sein wollen. Es habe schliesslich eine Austrittsvereinbarung gegeben und «einen Betrag, um das mir angetane Unrecht zu kompensieren». Jedoch sei es ihm damit verboten worden, über die Vorfälle öffentlich zu sprechen. Erst jetzt, da Roshani die Vorwürfe im «Spiegel» öffentlich gemacht hat, könne und wolle er sich dazu äussern.
Der «Spiegel»-Bericht habe ihm und seiner Familie grossen Schaden zugefügt, so Canonica weiter. So seien seine Töchter verunsichert und hätten Angst, auf ihren «Monstervater» angesprochen zu werden, und seine Frau fürchte sich vor «Gerede am Arbeitsplatz und im Quartier». Er selber fühle sich «maximal an den Pranger gestellt», schreibt Canonica. «Ich werde mit Hassmails überschüttet, mit Harvey Weinstein verglichen», fügt er an. «Zum Glück hat Tamedia nun Teile des Berichtes veröffentlicht, sodass sich jeder ein Bild machen kann, was war», schreibt er zum Abschluss.
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