Espenmoos-Chaoten: Polizei will Bilder ins Netz stellen

Aktualisiert

Espenmoos-Chaoten: Polizei will Bilder ins Netz stellen

Sieben Verletzte, 59 Festnahmen, 100 000 Franken Sachschaden: Das ist die traurige Bilanz der Derniere im alterwürdigen Espenmoos Stadion, die den Abstieg des FC St. Gallen in die Challenge League besiegelte.

17 Tage vor Beginn der Euro 08 gerät die Schweiz erneut wegen gewalttätiger Ausschreitungen in die Schlagzeilen: Nach der 0:2-Niederlage des FC St. Gallen gegen Bellinzona im Barragespiel haben Hunderte von enttäuschten St. Galler Fans im Stadion Espenmoos randaliert. Drei Polizisten und vier Securitasleute sind verletzt worden.

Polizei stellt Bilder ins Internet

Trotz zahlreicher Festnahmen fahndet die Polizei weiter nach Taverdächtigen. Dazu will man Bild- und Videomaterial im Internet publizieren, damit die Bevölkerung mithelfen kann, die Verdächtigen zu identi­fizieren. Zudem ruft Polizeikommandant Pius Valier die Leute auf, eigenes Bildmaterial einzusenden. Damit kein öffentlicher Pranger entstehe, verspricht die Polizei, sorgfältig zu prüfen, was ins Internet komme. «Nur dringend verdächtige Personen werden ausgeschrieben», so Harald Düring, Einsatzleiter bei der Stapo. Bevor man erste Bilder ins Netz stelle, würden die rechtlichen Fragen mit der Staatsanwaltschaft geklärt. In der Schweiz wurde diese Methode erst einmal angewandt. Im Sommer letzten Jahres ver­öffentlichte die Luzerner Polizei Bilder von fünf Krawall­machern im Internet. Innert kürzester Zeit waren die fünf identifiziert. «Es war ein voller Erfolg», so Pressesprecher Urs Wigger.

Sachschäden von mindestens 100 000 Franken

Als mit dem Abpfiff der Abstieg des FCSG in die Challenge League feststand, harrten die Fans auf den Zuschauertribünen im ausverkauften Stadion aus. Trotz massiver Sicherheitsvorkehrungen richteten sie Sachschäden von mindestens 100 000 Franken an.

Die Polizei war kurz vor Spielschluss mit einem Grossaufgebot einmarschiert. Insgesamt standen 300 Polizisten und Sicherheitsleute im Einsatz.

Die Fans harrten zunächst auf den Zuschauertribünen im ausverkauften Stadion aus und nahmen mit lauten Gesängen von «ihrem» Stadion Abschied. Nach 22 Uhr wurde die Stimmung aggressiv.

Die zum Teil vermummten Fans bewarfen die Polizisten von der Tribüne aus mit Gegenständen. Die Polizei setzte Gummischrot und Tränengas ein, zog sich dann aber zurück und liess die Menge auf den Rasen. Die Fans brachen das Tor auf der Südseite des Spielfelds ab und bedienten sich mit «Souvenirs» wie Plastiksitzen.

59 Personen wurden vorübergehend festgenommen, wie Stadpolizeikommandant Pius Valier am Montag an einer Medienkonferenz erklärte. Es laufen Strafverfahren wegen Landfriedensbruch, Sachbeschädigung sowie Gewalt und Drohung gegen Beamte. Der Polizeieinsatz sei gerechtfertigt und «absolut professionell» gewesen.

Patrick Köppel, administrativer Leiter des FC St. Gallen, sprach von einem sechsstelligen Schadenbetrag. Eine genauere Schätzung sei noch nicht möglich. Stadtrat Agostino Cozzio bedauerte die Ausschreitungen im und um das Stadion. Er zeigte sich «betroffen vom Gewaltpotenzial».

Das Barragespiel vom Dienstag war der letzte Auftritt des FC St. Gallen im Espenmoos. In der kommenden Saison spielt die Mannschaft in der neuen AFG Arena in St. Gallen-Winkeln. Das Espenmoos diente dem FCSG seit 1910 als Heimstadion; nun wird es zurückgebaut und soll dereinst ein öffentlicher Fussballplatz werden.

Kein Einzelfall

Bereits Anfang Mai hatten Ausschreitungen nach Super-League- Spielen in Bern und Basel für Schlagzeilen gesorgt. Die Verantwortlichen der Euro 2008 wiesen damals Sicherheitsbedenken in Bezug auf das Turnier im Juni zurück.

Nach ihrer Einschätzung ist an der Euro ein ganz anderes Publikum zu erwarten als an den Schweizer Meisterschaftsspielen. Der Schweizer Turnierdirektor Christian Mutschler räumte allerdings ein, es gebe Optimierungsbedarf.

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SDA/ATS/Sascha Schmid

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