Grundlage für SchliessungenETH korrigiert R-Wert nach unten – Gastro-Branche reagiert verärgert
Der Bundesrat stützte sich bei seinen Massnahmen vom 11. und 18. Dezember gegen das Coronavirus stark auf den R-Wert. Nun stellt sich heraus, dass die Zahl, die die Grundlage dafür bildete, zu hoch geschätzt war.
Darum gehts
Der Bundesrat stützt sich bei seinen Corona-Massnahmen und deren Ausnahmen auch auf die Reproduktionszahl.
Die ETH korrigierte den Wert nun deutlich nach unten. Für den 4. Dezember von 1,13 auf 1.
Das führt zu Kritik von Gastro Suisse und dem Gewerbeverband.
Die Reproduktionszahl oder R-Wert gehört beim Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie zu den wichtigsten Kennzahlen. Seit dem 11. Dezember entscheidet sie beispielsweise mit, in welchen Kantonen die Restaurants geöffnet haben dürfen und in welchen nicht. Die Reproduktionszahl gilt aber auch als einer der unsichersten Werte, denn sie kann immer nur geschätzt werden und wird jeweils mit grosser Verzögerung von der ETH publiziert. Für die Schweiz datiert der momentan aktuellste R-Wert (0,86) vom 18. Dezember.
Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, wurde die Reproduktionszahl ausserdem nachträglich angepasst. Am Stichtag 4. Dezember berechnete die ETH ursprünglich einen R-Wert von 1,13. Das heisst, dass 100 Corona-Infizierte im Schnitt 113 andere Menschen anstecken. Das bedeutet exponentielles Wachstum der Pandemie.
R-Wert zweimal nach unten korrigiert
Am 22. Dezember korrigierte die ETH den R-Wert vom 4. Dezember auf 1,05. 100 Infizierte hatten demnach nur 105 andere angesteckt. Als am 28. Dezember die neuen Corona-Kennzahlen publiziert wurden, sank der R-Wert für den 4. Dezember erneut. Und zwar auf exakt 1. 100 Infizierte hatten demnach 100 andere angesteckt. Das ist kein übermässig guter Wert, aber auch kein exponentielles Wachstum mehr. Er würde bedeuten, dass die Infektionszahlen stabil bleiben.
Der Bundesrat liess sich bei den Entscheiden vom 11. Dezember (Sperrstunde ab 19 Uhr) und 18. Dezember (Gastro-Schliessungen) also von einer Zahl beeinflussen, die sich im Nachhinein als zu hoch herausstellte. Zudem führte er die Reproduktionszahl als Schwellenwert ein, nach dem entschieden wird, welche Kantone Ausnahmen von den Gastro-Massnahmen beschliessen dürfen.
Wirtschaftsvertreter pikiert
Das führt bei Betroffenen zu Stirnrunzeln. Gastro-Suisse-Präsident Casimir Platzer sagte dem «Tages-Anzeiger», dass man sich für Entscheide offenbar auf unzuverlässige Werte abstütze, werfe «die eine oder andere Frage auf». Gewerbeverbands-Chef Hans-Ulrich Bigler argumentierte, dass die Schweiz eine breitere Datengrundlage brauche. Der R-Wert alleine genüge nicht.
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Dargebotene Hand, Tel. 143