Grundlage für Schliessungen: ETH korrigiert R-Wert nach unten – Gastro-Branche reagiert verärgert

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Grundlage für SchliessungenETH korrigiert R-Wert nach unten – Gastro-Branche reagiert verärgert

Der Bundesrat stützte sich bei seinen Massnahmen vom 11. und 18. Dezember gegen das Coronavirus stark auf den R-Wert. Nun stellt sich heraus, dass die Zahl, die die Grundlage dafür bildete, zu hoch geschätzt war.

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Der Bundesrat beschloss am 18. Dezember, Restaurants zu schliessen. Dabei spielte auch der R-Wert eine Rolle.

Der Bundesrat beschloss am 18. Dezember, Restaurants zu schliessen. Dabei spielte auch der R-Wert eine Rolle.

Hauke-Christian Dittrich/dpa
Er wurde auch als Schwellenwert etabliert, der über Ausnahmen von den Corona-Massnahmen entscheidet.

Er wurde auch als Schwellenwert etabliert, der über Ausnahmen von den Corona-Massnahmen entscheidet.

Christoph Schmidt/dpa
Ein R-Wert von 1,13 würde bedeuten, dass 100 Infizierte 113 Gesunde anstecken.

Ein R-Wert von 1,13 würde bedeuten, dass 100 Infizierte 113 Gesunde anstecken.

Sebastian Gollnow/dpa

Darum gehts

  • Der Bundesrat stützt sich bei seinen Corona-Massnahmen und deren Ausnahmen auch auf die Reproduktionszahl.

  • Die ETH korrigierte den Wert nun deutlich nach unten. Für den 4. Dezember von 1,13 auf 1.

  • Das führt zu Kritik von Gastro Suisse und dem Gewerbeverband.

Die Reproduktionszahl oder R-Wert gehört beim Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie zu den wichtigsten Kennzahlen. Seit dem 11. Dezember entscheidet sie beispielsweise mit, in welchen Kantonen die Restaurants geöffnet haben dürfen und in welchen nicht. Die Reproduktionszahl gilt aber auch als einer der unsichersten Werte, denn sie kann immer nur geschätzt werden und wird jeweils mit grosser Verzögerung von der ETH publiziert. Für die Schweiz datiert der momentan aktuellste R-Wert (0,86) vom 18. Dezember.

Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, wurde die Reproduktionszahl ausserdem nachträglich angepasst. Am Stichtag 4. Dezember berechnete die ETH ursprünglich einen R-Wert von 1,13. Das heisst, dass 100 Corona-Infizierte im Schnitt 113 andere Menschen anstecken. Das bedeutet exponentielles Wachstum der Pandemie.

R-Wert zweimal nach unten korrigiert

Am 22. Dezember korrigierte die ETH den R-Wert vom 4. Dezember auf 1,05. 100 Infizierte hatten demnach nur 105 andere angesteckt. Als am 28. Dezember die neuen Corona-Kennzahlen publiziert wurden, sank der R-Wert für den 4. Dezember erneut. Und zwar auf exakt 1. 100 Infizierte hatten demnach 100 andere angesteckt. Das ist kein übermässig guter Wert, aber auch kein exponentielles Wachstum mehr. Er würde bedeuten, dass die Infektionszahlen stabil bleiben.

Der Bundesrat liess sich bei den Entscheiden vom 11. Dezember (Sperrstunde ab 19 Uhr) und 18. Dezember (Gastro-Schliessungen) also von einer Zahl beeinflussen, die sich im Nachhinein als zu hoch herausstellte. Zudem führte er die Reproduktionszahl als Schwellenwert ein, nach dem entschieden wird, welche Kantone Ausnahmen von den Gastro-Massnahmen beschliessen dürfen.

Wirtschaftsvertreter pikiert

Das führt bei Betroffenen zu Stirnrunzeln. Gastro-Suisse-Präsident Casimir Platzer sagte dem «Tages-Anzeiger», dass man sich für Entscheide offenbar auf unzuverlässige Werte abstütze, werfe «die eine oder andere Frage auf». Gewerbeverbands-Chef Hans-Ulrich Bigler argumentierte, dass die Schweiz eine breitere Datengrundlage brauche. Der R-Wert alleine genüge nicht.

Hast du oder jemand, den du kennst, Mühe mit der Corona-Zeit?

Hier findest du Hilfe:

BAG-Infoline Coronavirus, Tel. 058 463 00 00

Dureschnufe.ch, Plattform für psychische Gesundheit rund um Corona

Branchenhilfe.ch, Ratgeber für betroffene Wirtschaftszweige

Pro Juventute, Tel. 147

(ore)

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