Neue Verhandlungen: EU stösst Beitrittstür für Türkei wieder auf

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Neue VerhandlungenEU stösst Beitrittstür für Türkei wieder auf

Ankara rückte jüngst näher an die muslimische Welt. Die EU bemüht sich deshalb um die Gunst der Türkei. Sie eröffnet ein neues Kapitel in den Verhandlungen.

Die EU hat der Türkei die Beitrittstür am Mittwoch nach langem Zögern einen Spalt weiter aufgestossen: Alle 27 Mitgliedsstaaten gaben grünes Licht für die Eröffnung eines neuen Verhandlungskapitels. Am Nachmittag traf sich die spanische Ratspräsidentschaft mit dem türkischen Aussenminister Ahmet Davutoglu zur offiziellen Beitrittskonferenz in Brüssel.

Die EU sendet damit ein wichtiges politisches Signal an den Bosporus. Angesichts der jüngsten Annährung Ankaras an den Iran soll das Land wieder für Europa gewonnen werden. Dies hatte laut EU-Parlamentskreisen auch Bundesaussenminister Guido Westerwelle (FDP) befürwortet.

Über einen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy abgelehnten EU-Beitritt Ankaras wird seit 2005 verhandelt. Doch das Verfahren war ins Stocken geraten: Von den insgesamt 35 Kapiteln waren bis Mittwoch erst elf geöffnet, und acht davon liegen wegen des schwelenden Zypernkonfliktes auf Eis.

Ob die Türkei der EU tatsächlich beitritt, ist nach dem Schritt vom Mittwoch weiter völlig ungewiss. Der Prozess werde «ergebnisoffen und unter genauer Einhaltung aller Kriterien geführt», betonte ein Sprecher des Berlin Aussenamtes.

Dass nun über das nächste Kapitel (Lebensmittelsicherheit) verhandelt wird, ist gleichwohl ein Erfolg für Spanien. Madrid hatte sich in seiner am (heutigen) Mittwoch auslaufenden EU-Ratspräsidentschaft vehement für neuen Schwung in den Beitrittsverhandlungen mit Ankara eingesetzt.

Unterstützung auch aus Belgien

Nach Spanien will auch die belgische Ratspräsidentschaft die Verhandlungen beschleunigen. Der Hintergrund: Das Verhältnis zu Ankara gilt derzeit als angespannt. Die Türkei hatte sich gegen neue Sicherheitsratssanktionen gegen den Iran ausgesprochen und ein aus Sicht des Westens unzureichendens Uran-Abkommen mit Teheran geschlossen. Auch die massive Kritik am israelischen Einsatz gegen die Gaza-Hilfsflotte wurde als Signal einer zunehmenden Hinwendung Ankaras an die muslimische Welt gedeutet.

Die deutsche Kanzlerin Merkel will der Türkei anstelle einer EU-Mitgliedschaft eine «privilegierte Partnerschaft» anbieten. Doch nicht nur beim Koalitionspartner FDP, auch in der CDU mehren sich Stimmen, die mit einem Beitritt ernst machen wollen. Es wäre besser, die Türkei in der EU zu haben, wenn sie die Kriterien wirklich erfülle, sagte der Aussenausschussvorsitzende Ruprecht Polenz (CDU) kürzlich.

Erbost reagierte indes der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der europäischen Konservativen auf die neue Dynamik. «Wenn die EU stetig neue Verhandlungskapitel eröffnet, werden die Beitrittsverhandlungen irgendwann zum Erstaunen einer breiten europäischen Öffentlichkeit beendet sein», erklärte der CSU-Politiker Manfred Weber. In vielen wesentlichen Fragen mache die Türkei mehr Rück- als Fortschritte, etwa bei den Menschenrechten.

Nicht nur die Türkei, auch Kroatien kam dem EU-Beitritt am Mittwoch einen Schritt näher: Auf einer Beitrittskonferenz wurden die letzten drei von insgesamt 33 Verhandlungskapiteln geöffnet. Island wurde auf dem EU-Gipfel vor zwei Wochen in den Kreis der langfristigen Anwärter aufgenommen. Dazu zählen auch noch Albanien, Bosnien-Herzegowina, der Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien. (dapd)

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